Die Schule als Schrebergarten oder Ameisenhaufen?

Welche Bilder fallen Ihnen ein, wenn Sie an Organisationen denken? Gedanken dazu im aktuellen Wochenbrief.

(Foto von David Hughes auf Unsplash)

Welche Bilder fallen Ihnen ein, wenn Sie an Organisationen denken? Diese interessante Frage wurde uns kürzlich im Rahmen einer Weiterbildung zu Organisationsentwicklung gestellt. Die Teilnehmenden brachten verschiedene Bilder ein - ein Ameisenhaufen, ein Schrebergarten, eine Maschine, ein organisches System.

Die Metaphern, die wir für Organisationen wählen, sind mehr als nur sprachliche Bilder; sie prägen unser Denken und unser Verhalten. Wenn wir Organisationen als Maschinen betrachten, denken wir vielleicht an präzise Abläufe, an Effizienz und an eine starke Hierarchie, die klare Anweisungen gibt und deren Prozesse strikt befolgt werden müssen. Die Entscheidungen in einer solchen Organisation sind Wenn-Dann-Entscheidungen: ein klares, mechanisches System von Ursache und Wirkung, das oft auf festen Regeln und Strukturen beruht.

Ganz anders in einem Schrebergarten. Diese Metapher betont die Bedeutung von Pflege, Wachstum und gemeinsamer Arbeit. In einem solchen Bild von Organisationen geht es weniger um starre Strukturen als vielmehr um ein dynamisches, gemeinschaftliches System, in dem alle Beteiligten Verantwortung übernehmen und gemeinsam an der Entwicklung arbeiten. Entscheidungen in einer solchen Organisation könnten stärker auf Konsens, Zusammenarbeit und langfristigen Zielen basieren. Es suggeriert aber auch abgeschlossene Einheiten, die für sich schauen.

Betrachten wir Organisationen als politische Systeme, denken wir an Machtstrukturen, Interessen und Strategien. Entscheidungen sind hier nicht immer rational oder zielorientiert, sondern von politischen Erwägungen und Machtverhältnissen geprägt. Die Organisation als politische Arena führt zu einer stärkeren Fokussierung auf Verhandlung, Interessenabwägung und möglicherweise auch Konflikt.

Die Art und Weise, wie wir Organisationen wahrnehmen, beeinflusst also nicht nur unser Verständnis ihrer Ziele und Strukturen, sondern auch, wie wir Entscheidungen treffen. Auch an der KUE sind wir in unterschiedlichen Kontexten mit solchen Fragen konfrontiert. Manchmal ist der Fall klar. Es gibt gewisse schulische und kantonale Vorgaben, die im Sinne einer Wenn-Dann-Regel definiert sind. So darf gemäss kantonalem Sprachaufenthaltsreglement einen Austauschaufenthalt machen, wer am zweitletzten Notenkonvent vor der Abreise definitiv promoviert ist. Gemäss demselben Reglement dürfen die Schüler:innen nach einem Semesteraufenthalt in dieselbe Klasse zurückkehren.

In anderen Bereichen sind die Vorgaben bewusst sehr offen formuliert und wir sind explizit aufgefordert, den Einzelfall im Detail zu betrachten. Paragraf 13 des Promotionsreglements beispielsweise erlaubt dem Klassenkonvent, sich zu beraten und nach sorgfältiger Abwägung verschiedener Argumente die Promotion einer Schülerin oder eines Schülers in besonderen Fällen auszusetzen.

Es gibt aber auch Bereiche, in denen wir als Schule die Entscheidungsprämissen selbst festlegen können. In welchen Fragen entscheiden wir eher mechanisch im Sinne einer Wenn-Dann-Regel? Wann gilt es, andere Überlegungen in den Vordergrund zu stellen und mehr den Einzelfall zu betrachten? Und wann haben wir das grosse Ganze im Blick, für das wir eine Balance finden müssen?

Darüber sind wir uns im Team auch nicht immer einig. Wohl auch, weil wir – bewusst oder unbewusst – nicht immer die gleichen Bilder einer Schule vor Augen haben. Die Schule als Sinfonieorchester oder Jazzband, als Theater oder Uhrwerk, als Datenverarbeitungsanlage oder Grosshirn?

Karin Hunkeler

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