Im See stechen – wenn die obligatorische Schulzeit zu Ende geht

Was ein junger Kapitän auf einem von Christoph Kolumbus’ Schiffen mit unseren Jugendlichen zu tun hat, lesen Sie im aktuellen Wochenbrief.

„Im Sommer beendet ihr eure obligatorische Schulzeit und werdet in See stechen. Auch wenn die allermeisten an der KUE bleiben, ändert sich nun doch einiges: Ihr werdet nach den Sommerferien ganz aus freien Stücken die restlichen drei Jahre hier sein und macht damit einen Schritt ins Erwachsensein. Ausdruck davon ist, dass wir euch nach den Sommerferien mit Sie ansprechen werden. Um diesen Übergang zu vollziehen, habt ihr eine Aufgabe, die diese Initiation symbolisch und spielerisch sichtbar machen soll. Ihr werdet völlig selbständig ein Gefährt bauen, mit dem ihr in See stechen und euch auf die Reise begeben könnt.“ Mit diesen Worten haben wir vor zwei Wochen in den beiden dritten Klassen den offiziellen Startschuss für ein Flossbauprojekt in der letzten Schulwoche vor den Ferien gegeben. Seither sieht man immer wieder mal, wie einige die Köpfe zusammenstecken und über einem Bauplan brüten oder mit Säcken voller leerer Petflaschen unter dem Arm rumlaufen. Das Projekt wird ergänzt durch verschiedene thematische Schwerpunkt, etwa zum Thema Recycling oder zu Navigation. 

Letztlich geht es aber um eine pädagogische Haltung den jungen Frauen und Männern gegenüber: Wir wollen den Teams mit der völlig offenen Aufgabenstellung etwas zutrauen, sie in das (nun nicht mehr wirklich) kalte Wasser werfen. Da sind unterschiedliche Qualitäten gefragt: Voraussicht und Planung, Erfindergeist und Berechnungen aller Art, aber auch Teamgeist und Organisationstalent. Allzu oft hat die Schule ja die Tendenz, mundgerecht portionierte Häppchen zu verabreichen, Möglichkeiten des Scheiterns zu antizipieren und Netze aller Art aufzuspannen. 

Christoph Kolumbus soll während einer seiner Fahrten auf einem der Begleitschiffe einen 15-jährigen Kapitän dabeigehabt haben. Diese Information habe ich bis jetzt zwar nicht verifizieren können, aber das Bild gefällt mir: Was für ein Unterschied wäre das zu dem, was man heute Jugendlichen in dem Alter zutraut! Unabhängig davon, ob es stimmt oder nicht: Wir wünschen uns Aufgaben an der KUE, an denen sie wachsen können, und Herausforderungen, zu denen auch das Kentern gehören darf.

Die hoffentlich seetüchtigen Fahrzeuge werden im Rahmen des Jahresabschlussfestes am Donnerstag der letzten Schulwoche (11. Juli 2019) auf dem Zürichsee getauft werden, in See stechen und um die Wette fahren. Wir sind gespannt, welche Konstruktionen zu sehen sein werden, wer Schiffbruch erleiden und wer das Rennen machen wird. So oder so haben wir Grund zum Feiern und ein Happy Birthday anzustimmen: Die KUE wird dann (fast) ein Jahr alt sein! Dass wir das Gelände in der ehemaligen Chemiefabrik am See in der Woche als Werft nutzen dürfen, weist auf den künftigen Standort der Schule hin. Aber bis das Baby in die Pubertät kommt, muss es noch etwas wachsen.

Jürg Berthold, Prorektor

Wochenbrief 19_27