Jeden Tag ein bisschen: Wenn Regelmässigkeit zur Gewohnheit wird.

In den Zwischenkonferenzen, die diese Woche stattfinden, geht es auch um Lernhaltungen. Wie man sich überlistet, wenn man nicht immer motiviert ist, lesen Sie im aktuellen Wochenbrief.

„Motivation ist eine knappe Ressource“, schreibt der Philosoph Peter Sloterdijk zu Beginn seines Denktagebuches Neue Zeilen und Tage: „Daher bringt es Gewinn, wenn man, wo Motive fehlen, auf Gewohnheiten zurückgreifen kann“ (2018: S. 6). Kein Tag ohne eine Zeile, nulla dies sine linea, hiess die antike Empfehlung: Jeden Tag ein bisschen, dann liegt am Ende eines Jahres ein stattliches Werk auf dem Tisch.

Was für das kreative Schaffen gut ist, funktioniert auch beim Lernen: Man überlistet sich, indem man sich Zeiten vornimmt, wo man fix etwas tut, wozu man sich aufraffen müsste: eine kleine Portion Vokabeln, ein paar Seiten Lektüre, eine wöchentliche Repetion. Wer in Tagesportionen auf seinem Instrument übt oder regelmässig joggen geht, kennt das Prinzip. Und weiss, dass es im Alltag manchmal unter die Räder kommt. 

Diese Woche stehen die Zwischenkonferenzen an: Alle, die in einer Klasse unterrichten, treffen sich, um sich gemeinsam ein Bild zu machen, wo die einzelnen Schülerinnen und Schüler stehen. Dabei wird es nicht allein um den Notenstand gehen, sondern auch um Lernhaltungen. Die Klassenlehrpersonen werden danach mit den Schülern, deren Leistungen im Moment ungenügend oder knapp sind, Kontakt aufnehmen. Motivation wird im einen oder anderen Fall auch ein Thema sein.

Die Zwischenetappe hat eine eigene Motivationskraft, so die Triathletin Daniela Ryf, die Ironman nach Ironman gewinnt: „Ich denke zu Beginn nicht an die 42 km, die noch vor mir liegen, sondern fokussiere mich auf die nächsten drei Kilometer oder den nächsten Verpflegungsstand“ (NZZ vom 6.11.2018) Das wird in diesem Fall das Ende der Probezeit Anfang Februar sein. Wir wünschen allen, dass sie sich von diesem nächsten Etappenziel motivieren lassen, gerade wenn ihnen die Motivation aus sich selbst heraus vielleicht noch fehlt.

Am letzten Konvent der Lehrpersonen wurde auch über die Frage diskutiert, ab wann die Schülerinnen und Schüler mit „Sie“ angesprochen werden sollen. Das Ende der dritte Klasse und damit der Übergang in die nachobligatorische Schulzeit erschien uns als der beste Moment. Auch äusserlich soll angezeigt werden, dass wir die jungen Menschen nach dieser Zäsur in einer anderen Rolle wahrnehmen wollen: Da sie ab der 4. Klasse definitiv aus eigenen Stücken an der KUE sind, erwarten wir - sicher nicht in jedem Moment und in jedem Fach, aber im Grundsatz - eine erwachsenere Haltung. Reif ist, könnte man jetzt sagen, wem die Regelmässigkeit zur Gewohnheit geworden ist.

Jürg Berthold, Prorektor

WB 2018_47