Pfostenschüsse

Die Aufnahmeprüfung ist vorbei – die Ergebnisse waren für viele enttäuschend. Mehr dazu im Wochenbrief

«Ein Pfostenschuss ist halt kein Tor.» Der lockere Spruch ist umstritten, wenn man ihn bei knappen Nichtaufnahmeentscheiden an der Aufnahmeprüfung anwendet. Was im Fussball selbstverständlich als Teil der Spielregeln akzeptiert wird, kann verletzend sein, wenn es um eine Zulassung zu einem Gymi geht. Das habe ich in meiner langen Erfahrung mit der Aufnahmeprüfung immer wieder erfahren. Und trotzdem verwende ich gelegentlich den Pfostenschuss-Vergleich, wenn sich jemand über eine knappe Abweisung beklagt.

Auch an der Aufnahmeprüfung gibt es Regeln, die bestimmen, wer erfolgreich ist und wer nicht. In der Tat könn en die Entscheide äusserst knapp ausfallen. Man darf sogar sagen, dass es zu Ergebnissen kommen kann, die an einem anderen Tag anders ausgefallen wären. In diesem Sinn sind Aufnahme- oder Ablehnungsentscheide nicht das Ergebnis wissenschaftlich fundierter Abklärungen. Das müssen wir eingestehen. Glück und Pech spielen bei einigen Kandidatinnen und Kandidaten mit – eben wie im Fussball auch.

In dieser Woche finden die sogenannten Einsichtnahmen statt. Kandidatinnen und Kandidaten dürfen mit ihren Eltern an die KUE kommen und Fragen zu den Prüfungen stellen. Lehrpersonen der Kantonsschule erklären dann, wie die Korrekturen gemacht worden sind.

Das sind häufig schwierige Gespräche, weil die Enttäuschung verständlicherweise gross ist. Man hat viel investiert in Vorbereitungsarbeit, da ist es nicht einfach zu akzeptieren, dass man das Ziel (allenfalls) nur knapp nicht erreicht hat.

Trost geben können wir als Schule kaum. Die Ergebnisse lassen sich nicht von uns aus verändern, die Korrekturen erfolgten nach klaren kantonalen Vorgaben, und wenn man die Grenze verschiebt, entstehen neue Grenzfälle.

Wir versuchen an der Einsichtnahme, die Prüfungsergebnisse zu erklären und einzuordnen. So weisen wir darauf hin, dass das Gymnasium aus unserer Sicht einen attraktiven Ausbildungsweg bietet, dass aber das schweizerische Bildungssystem sehr durchlässig ist.

Wir betonen auch gerne, dass die ZAP einen Assessment-Charakter hat. Es geht darum herauszufinden, wer eine Matur machen kann und wer dies kaum oder nur mit grosser Anstrengung schaffen würde. Eine knappe Aufnahme könnte zu einer schwierigen Probezeit und zu einer aufwändigen Schulzeit führen.

Enttäuschungen gehören zum Leben. Gerade in Situationen, in denen es um eine Zulassung geht (Auswahl in eine Nationalmannschaft, Auswahl für eine Stelle, für ein Stipendium, einen Preis etc.), wird es immer wieder knappe Entscheidungen geben.

Dies soll nicht ein Aufruf zur Resignation sein, es geht eher darum – wie auch im Sport – mit einer Niederlage leben zu lernen, damit man die nächste Chance beim Schopf packen kann.

Martin Zimmermann

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