Unerfreuliches

Andere plagen ist nicht cool – auch wenn das in unserer mediatisierten Öffentlichkeit an vielen Stellen zelebriert wird.

«Jugendliche im Kanton Zürich erfahren mehr Gewalt und üben auch häufiger Gewalt aus.» So wurden die Ergebnisse der Studie «Gewalterfahrungen Jugendlicher im Kanton Zürich 1999 – 2021» an der kantonalen Pressekonferenz in einem Satz zusammengefasst. Wichtig für die Schule ist dabei, dass es nicht nur um heftige Tatbestände geht wie Raub und Erpressung, sondern auch um die Zunahme von Mobbing im schulischen Bereich.

Leider war gerade in den letzten Tagen an der KUE tatsächlich eine Häufung von unerfreulichen Vorfällen zu verzeichnen.

Meistens spielen die Täter die Vorfälle herunter. Es sei doch nur witzig gemeint, es gehöre zum Umgang unter Jugendlichen im 21. Jahrhundert, heisst es. Kann man das als Erklärung akzeptieren, wenn das Bild einer Schülerin oder eines Schülers im Schulhausgang abgenommen und verkehrt wieder aufgehängt wird? Oder wird damit die Persönlichkeit der dargestellten Person verletzt?

Ja, das sind rhetorische Fragen. Die Bilder in den Gängen sind für uns mehr als eine blosse Verzierung. Wir heissen damit alle neuen Schüler:innen willkommen und wünschen ihnen eine gute Schulzeit. Wer ein Porträt dreht und damit unsere Absicht umkehrt, widerspricht der Freundlichkeit, die uns leiten soll. Ich fordere alle Schülerinnen und Schüler auf, die Bilder ebenso zu respektieren, wie sie selber respektiert werden möchten.

Die eingangs erwähnte Studie behandelt auch das Thema Mobbing an Schulen. Eine gute Nachricht vorweg: Das Problem nimmt in den oberen Klassen ab. Die schlechte Nachricht soll aber nicht verschwiegen werden: Im Bereich Cyber-Mobbing gilt dies nicht im gleichen Mass. Offensichtlich verleiten die elektronischen Kommunikationskanäle weiterhin viele Jugendliche dazu, zum Beispiel Memes zu verschicken, die andere verletzen.

Auch in diesen Fällen werden die Vorfälle heruntergespielt. Man leite doch die unanständigen Bilder nur weiter, es handle sich gewissermassen um Zitate. Ernsthaft verletzen wolle man sicher niemanden. Diese Erklärungen mögen in vielen Fällen tatsächlich überzeugend sein. Wenn aber die gleichen grenzüberschreitenden Äusserungen ständig wiederholt werden, beginnt das Gift der sprachlichen und bildlichen Herabsetzung bei einzelnen zu wirken. Und dann wird es plötzlich ätzend.

Die Sprache ist mächtig und hat das Potenzial, Menschen tief zu verletzen. In diesem Zusammenhang zitiere ich immer wieder die Sätze aus Georg Büchners Drama «Dantons Tod», in dem es um die Französische Revolution und ihre Entwicklungen geht. «Blickt um euch, das alles habt ihr gesprochen; es ist eine mimische Übersetzung eurer Worte. Diese Elenden, ihre Henker und die Guillotine sind eure lebendig gewordnen Reden.»

Wir sind uns gegenseitig schuldig, dass wir mit unserer Sprache und unseren Posts auf sozialen Medien verantwortungsvoll umgehen.

Martin Zimmermann

Wochenbrief_2238