Die Nachrichten, die wir als Daheimgebliebene von den begleitenden Lehrpersonen über die Studienreisen erhielten, bereiteten Freude (auf jeden Fall grossmehrheitlich). Die Reisen der 6. Klassen verliefen nach Plan – und für alles nicht nach Plan Verlaufende, wie zum Beispiel den die Rückreise störenden Generalstreik in Italien, fanden die Lehrpersonen kreative Lösungen. Darüber hinaus waren die Reisen aber offensichtlich eine sehr positive Erfahrung: „Wunderbar“, „sehr toll“, „stolz und erfüllt“ oder „hellauf begeistert “, solche Wörter kamen in den Mitteilungen der Lehrpersonen vor.
Als Schulleitung ist uns bewusst, dass es ein grosses Privileg ist, dass wir unseren Schülerinnen und Schülern solche Reisen bieten können. Denn die Organisation liegt bei den Lehrpersonen, die in ihrer Freizeit viel Zeit aufwenden, um Ideen zu entwickeln, zu planen und zu rekognoszieren. Ausserdem bezahlt der Kanton die im Laufe der Woche anfallende zusätzliche Arbeitszeit der begleitenden Lehrpersonen. Und auch die Eltern tragen durch die Finanzierung der Reisen ihrer Kinder massgeblich zu den Studienreisen bei.
Die positiven Rückmeldungen bestärken uns in der Entscheidung, die angehenden Maturandinnen und Maturanden auf Reisen ins Ausland zu schicken. Ausserdem sind wir aber überzeugt, dass das Reisen an sich und die Studienreisen im Besonderen in hohem Mass zur Bildung der Schüler:innen beitragen.
Reisen fördert die Ausbildung einer reifen Persönlichkeit, das weiss man schon lange. Die Entdeckung des Unbekannten und der Kontakt mit Menschen, Sprachen und kulturellen Gebräuchen anderer Länder bieten neue Reize und erhöhen die Gehirnaktivität. Nicht nur die Reisenden selbst, sondern auch ihr Denken kommt in Bewegung. Die Erlebnisse erweitern den Erfahrungshorizont. Laut neueren Studien wirkt sich das Reisen deshalb auch direkt auf die Denkfähigkeit und die Kreativität aus. Der Forscher William W. Maddux, Professor für Organisationsmangagement an der Wirtschaftshochschule INSEAD, stellte in einer Studie fest, dass Studierende, die während ihres Masterstudiums im Ausland lebten, ein erhöhte „integrative Komplexität“ hatten, womit die Fähigkeit gemeint ist, verschiedenen Sichtweisen zu erkennen und nachzuvollziehen.
Am wichtigsten ist aber: Studienreisen sind ganz besondere Reisen. Die Reiseprojekte sind einem Thema gewidmet oder durch eine Fragestellung motiviert. Beispielsweise reiste eine Gruppe in diesem Jahr mit der Frage nach London, «warum Informatik Frauensache ist», während eine andere in Sizilien einen Einblick in die Arbeit der Anti-Mafia-Bewegung gewann. Es sind Reisen, die die Jugendlichen allein nicht machen würden und die an andere Orte und zu anderen Begegnungen führen als normale touristische Reisen. Und auch auf der sozialen Ebene sind die Reisen besonders, denn die Teilnehmenden kennen sich oft zu Beginn wenig und werden aber durch die intensiven Erlebnisse und die gemeinsam verbrachte Zeit zu einer Gruppe zusammengeschweisst, die oftmals auf dem Rückweg eine gewisse Wehmut ergreift.
Um die Entspannung und die Freude nach einer Reise länger anhalten zu lassen, soll es übrigens gut sein, wenn man Fotos anschaut und seine Reiseerlebnisse mit anderen teilt. In diesem Sinne hoffe ich, dass sich die Schüler:innen und die Lehrpersonen der KUE die im Titel genannten Verse von Matthias Claudius zu Herzen nehmen und in dieser Woche einander viele interessante Reisegeschichten erzählen, so dass der Start in die arbeits- und prüfungsreichen Wochen nach den Herbstferien etwas sanfter ausfällt.
Eugenie Bopp
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