Wie wir an der KUE zusammenleben wollen
Heute beginnt der Pride-Month. Der Monat im Zeichen von Homosexuellen, Bisexuellen und Transgender-Menschen erinnert an die Diversität der menschlichen Gemeinschaft. Er lenkt den Blick auf den Beitrag, den diese Menschen und ihre LGBTQIA-Gemeinschaften für unsere Kultur leisten. 1969 war es im Stonewall Inn, einer New Yorker Gay-Bar, nach einer Razzia zu Unruhen gekommen. Diese wurden zum Katalysator einer Bewegung, die im Juni des folgenden Jahres zu den ersten Gay Pride-Märschen führte. Diesen Wochenbrief zum Monatsauftakt unterschreiben für einmal alle KUE-Schulleitungsmitglieder gemeinsam: Wir wollen damit ein Zeichen setzen für die KUE als eine Schule, in der keine Diskriminierung geduldet wird und in der die Integrität der einzelnen Personen gewahrt ist.
2016 wurde der Bereich um das Stonewall-Inn zum Nationaldenkmal. Es erinnert nicht nur an die Anfänge dieser Bewegung, sondern auch an die jahrhundertelange Unterdrückung durch eine weisse, heterosexuelle Einheitskultur. Diese hatte sich eigentlich als inklusiv und offen dargestellt. Und doch hatte sie seit ihren Anfängen zwischen Hautfarben, sexuellen Orientierungen und Geschlecht unterschieden. Durch diese doppelten Standards waren die Menschenrechte zu partikularen Privilegien verkommen. Für viele haben sie deshalb zu Recht einen ideologischen Beigeschmack.
Die Schule soll ein sicherer Raum sein. Die Art, wie Schüler:innen die Welt politisch und weltanschaulich anschauen, bildet sich in den Jahren bis zur Matur nach und nach heraus. Für manche relativieren sich in diesem Prozess auch die Ansichten und Werte des Elternhauses, oder sie leben an der KUE Seiten aus, von denen die Eltern noch nichts wissen. Die Schule als sicherer Raum für diese Suche soll sich weitgehend neutral verhalten. Es muss für alle Raum geschaffen werden, unterschiedliche Haltungen sollen sich artikulieren können. «Neutral» heisst nicht, dass die Lehrpersonen ihre persönliche Meinung nicht darlegen können, sie soll aber als solche deklariert werden. Und es heisst schon gar nicht, dass politisch brisante Themen nicht behandelt werden dürfen – im Gegenteil: Die Erziehung zur Mündigkeit setzt eine Auseinandersetzung mit allen Fragen des Zusammenlebens voraus.
Zu dieser Suche gehören auch Fragen nach der eigenen Identität und der sexuellen Orientierung. Das ist ein besonders sensibler Bereich. Hier muss die Schule mehr machen als einen Raum für die Auseinandersetzung zu bieten. Sie muss sich aktiv hinter jene stellen, die von den dominierenden Wegen abweichen. Sie muss sie in ihren besonderen Anliegen schützen – im Sinne des zitierten Diskriminierungsverbotes. In diesen Zusammenhang gehört, Rücksicht zu nehmen auf die Art, wie jemand angesprochen werden will, oder nach pragmatischen Lösungen zu suchen, wenn sich jemand im Sportunterricht im eigenen Körper unwohl fühlt. Dazu gehört auch, dass man bei homophoben Sprüchen nicht weghört. Oder dass wir die Fragen zur sexuellen Identität auch jener ernst nehmen, die sich beim Pridemonth für einmal auch ein bisschen als Aussenseiter fühlen könnten.
Wir als Schulleitung haben im letzten Semester mit allen Klassen Gespräche über das Thema der Diskriminierung geführt. Der von allen Schulangehörigen unterschriebene Kodex hängt nun im Eingangsbereich zum Haus B und erinnert nicht nur im Juni daran, wie wir an der KUE miteinander zusammenleben wollen.
Martin Zimmermann, Karin Hunkeler, Adrian Villiger, Jürg Berthold
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