Wir brauchen Jugendliche, die sich engagieren

Die Klimastreiks haben viel bewegt, für die Schulen sind sie aber auch ein Problem. Mehr dazu im Wochenbrief.

Es ist beeindruckend zu sehen, was die jugendlichen Klimastreikenden in den letzten Monaten erreicht haben. Die Medien berichteten ausführlich über ihre Anliegen. Die politischen Parteien konnten sich in der Folge dem Thema nicht entziehen und mussten sich positionieren. Was aber vielleicht noch wichtiger ist: Führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (siehe https://www.scientists4future.org/) haben eine Erklärung unterzeichnet, in der sie bekräftigen, dass die Forderungen der Klimastreikenden berechtigt sind:

«Zurzeit demonstrieren regelmässig viele junge Menschen für Klimaschutz und den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erklären wir auf Grundlage gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse: Diese Anliegen sind berechtigt und gut begründet. Die derzeitigen Massnahmen zum Klima-, Arten- , Wald-, Meeres- und Bodenschutz reichen bei weitem nicht aus.»

Als Vertreter des Gymnasiums, das sich der Wissenschaft verpflichtet fühlt, freue ich mich, dass unsere Jugendlichen Forschungsresultate aufnehmen und sich entsprechend engagieren. Wie häufig hat man in den letzten Jahren nicht gehört, unsere Jugend sei nur konsumorientiert und politisch uninteressiert? Wenn sie jetzt aktiv werden und versuchen, eine politische Wirkung zu erzielen, müssen wir uns als Staatsbürgerinnen und Staatsbürger darüber freuen. Das tue auch ich.

Anders sehe ich die Klimastreiks in meiner Rolle als Schulleiter eines Gymnasiums. Selbst wenn die Jugendlichen betonen, der Streik richte sich nicht gegen die Schulen, tun sie dies auf Kosten unserer Institution. Sie benutzen den Regelbruch der nicht bewilligten Absenz, um die öffentliche Aufmerksamkeit für die Demonstrationen zu gewinnen.

Es ist mir bewusst, dass ausserordentliche Situationen ausserordentliche Massnahmen verlangen. Es ist mir auch klar, dass man in gewissen Situationen das Recht brechen muss, um grösseres Unheil zu verhindern, aber mir scheint, dass sich im Bezug auf die Klimastreiks diese Argumentation abgenützt hat.

Es ist den Jugendlichen gelungen, ihr Anliegen in die politische Diskussion einzubringen. Damit ihre Forderungen auch umgesetzt werden, muss nun die Arbeit in den politischen Gremien erfolgen. Wir brauchen in den Parteien, in den Parlamenten, in der politischen Auseinandersetzung die Stimmen der Jugendlichen, um differenzierte Lösungen zu finden.

 

Martin Zimmermann, Rektor

 

Wochenbrief 19_10