Gründungsbericht

Welche Rolle spielen die Klassenlehrerinnen und -lehrer?
Martin Zimmermann

Die Lehrer*innen an Gymnasien sind Fachpersonen. Sie verstehen sich als Chemikerinnen, Romanisten, Historikerinnen, Biologen, die als Lehrpersonen für Chemie, Französisch, Geschichte, Biologie arbeiten.

Für die Schüler*innen bedeutet dies, dass sie in jedem Fach von akademisch ausgebildeten Fachleuten unterrichtet werden und dass sie von Lektion zu Lektion einen anderen Lehrer oder eine andere Lehrerin haben. Wenn in diesen Lektionen das Fachliche im Vordergrund steht, wird das niemanden erstaunen. 

Man weiss aber sehr genau, dass für ein erfolgreiches Lernen sehr viele Faktoren eine Rolle spielen können, die nicht nur von der Fachkompetenz der Lehrpersonen abhängig sind. So kann es beispielsweise sehr belastend für ein Kind oder einen Jugendlichen sein, wenn die Beziehungen innerhalb einer Klasse schlecht sind. Man darf nicht vergessen, dass Klassen sehr zufällig zusammengewürfelte Gruppen von Menschen sind, die sehr viel Zeit miteinander verbringen. Da braucht es manchmal Unterstützung, damit man miteinander auskommt.

Um eine gute Schule mit einer guten Lernkultur aufzubauen, ist also in jeder Klasse eine Lehrperson zu bestimmen, welche sich genügend Zeit nehmen kann, um sich mit Fragen des Zusammenlebens in der Lerngruppe zu befassen.

Diese Aufgabe ist in der Schulorganisation ganz wichtig. Das Dokument, das die Klassenlehrerinnen und -lehrer der KUE bekommen, definiert die Aufgabe wie folgt.

«Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer sind das Bindeglied zwischen der Klasse, dem Lehrerkollegium, den Eltern und der Schulleitung. KlassenlehrerInnen begleiten die Lernenden ihrer Klassen als privilegierte Ansprechpersonen. Sie übernehmen häufig die Rolle als „Anwälte“ der Klasse, sie helfen also auch den Schülerinnen und Schülern, ihre Anliegen zu vertreten. In diesem Spannungsfeld versuchen sie, möglichst gute Kommunikationsbedingungen zu schaffen, die in Konfliktfällen hilfreich sein können.»

Die einzelnen Tätigkeiten der Klassenlehrerin oder des Klassenlehrers werden wie folgt umschrieben (hier stark gekürzt).

  • «KlassenlehrerInnen gestalten und führen die Klassenstunde durch. Die Klassenstunde darf nicht für Fach-Unterricht verwendet werden. Sie steht zur Verfügung für administrative Belange, für Teambildungsprozesse, für Fragen zur Lern- und Arbeitstechnik, für Gesundheits- und Suchtpräventionsthemen, für Gespräche über die Haltung der Schule gegenüber aktuellen Problemen, kurz zur Vermittlung einer Schulkultur. Im Zentrum soll die Förderung der Schülerinnen und Schüler sein. Sie müssen an der KUE die Gelegenheit erhalten, sich fachlich auszubilden, einzelne Gebiete zu vertiefen und sich persönlich zu entwickeln.
  • KlassenlehrerInnen orientieren sich regelmässig über den Leistungsstand ihrer Schülerinnen und Schüler insbesondere jener, deren Promotion gefährdet ist. Mindestens einmal im Semester wird eine Leistungsumfrage bei allen Lehrpersonen durchgeführt. Dazu gehört auch, dass man versucht, sich über besondere Umstände zu informieren, in denen sich die einzelnen SchülerInnen befinden und welche allenfalls die Leistungen und das Verhalten an der Schule beeinflussen können. 
  • KlassenlehrerInnen kümmern sich um organisatorische Belange (Informationen weiterleiten, Klassenämter bestimmen etc.).
  • KlassenlehrerInnen leiten die Notenkonferenzen.
  • KlassenlehrerInnen führen die nötigen Eltern- und Schülergespräche, insbesondere nach den Notenkonferenzen und den Leistungsumfragen.
  • Die KlassenlehrerInnen begleiten SchülerInnen, die spezielle Hilfe nötig haben (Sonderregelungen, Nachteilsausgleichsmassnahmen bei Behinderungen, Krankheiten etc.).
  • KlassenlehrerInnen führen die Absenzenkontrolle gemäss den einschlägigen Reglementen.
  • KlassenlehrerInnen sind verantwortlich für die Durchführung von Elternabenden.
  • KlassenlehrerInnen von Unterstufen-Klassen sind verantwortlich für die Ordnung im Klassenzimmer. Dazu gehören auch die Wände und allfällige aufgehängte Klassenarbeiten.
  • KlassenlehrerInnen besprechen die wichtigsten Reglemente: Schulordnung, Kodex, Notenwegleitung etc. 
  • KlassenlehrerInnen führen in die Richtlinien zur Nutzung der IT-Infrastruktur an der KUE ein: Erläuterung der Regeln (keine Games auf Schulgeräten), Aushandeln von Handy-Regeln (besonders 1. Klassen)
  • KlassenlehrerInnen zeigen, wie man in Konflikten miteinander umgeht. Wichtigster Grundsatz: Probleme werden dort zuerst angesprochen, wo sie entstanden sind, d.h. mit den involvierten Personen.
  • KlassenlehrerInnen planen früh genug eine ausserordentliche Klassenstunde gleich am Tag nach der Aufnahmekonferenz. Es ist wichtig, dass sich die Klasse von abgewiesenen Schülerinnen und Schülern gebührend verabschiedet. Eine ausserordentliche Klassenstunde bekommt natürlich eine andere Funktion, wenn man schon im Voraus weiss, dass niemand abgewiesen wird. Dann empfiehlt sich ein Ausflug, ein Zmorge, ein kleines Fest oder Ähnliches, um das Ende der Probezeit zu feiern.»

Vielleicht wäre es in einer kleinen Schule noch möglich, dass Rektor*innen und Prorektor*innen diese Aufgaben teilweise übernehmen, aber um wirklich nahe bei den Bedürfnissen der Lernenden zu sein, ist es ein grosser Vorteil, wenn die Klassenlehrer*innen die einzelnen Jugendlichen aus dem Unterricht kennen.

Denn bei allem Vorrang der fachlichen Fragen gilt auch im Fachunterricht: Es ist nicht möglich zu lernen, wenn die Beziehungen nicht geklärt sind. Das alte Motto „Störungen haben Vorrang“ gilt deshalb immer, aber die Klassenlehrer*innen versuchen, den Boden zu legen, auf dem allfällige Konflikte gut geklärt werden können.

C wie Chemieanalysegerät
Manuel Burkhalter

Am Ende von vier Lektionen ist es endlich geschafft: Die farblose, mehrheitlich wohlriechende Flüssigkeit steht abgefüllt in ein Pillenglas auf dem sauberen Labortisch.
Die gutgläubigen Schüler*innen sind sich sicher, dass es sich bei der klaren Flüssigkeit um den gewünschten Stoff handelt. Das erkennen sie bereits an dem charakteristischen Geruch, den die Ausgangsstoffe ursprünglich nicht zeigten.
Dennoch könnte man, darf man, sollte man die Frage stellen, woher man denn nun genau weiss, was für ein Stoff vor einem steht, und ob es wirklich der ist, den wir herstellen wollten.

Dieser Frage nachzugehen, ist nicht immer gleich einfach. Im Gegenteil: Häufig ist das eine Frage, die an einer Mittelschule nicht restlos geklärt werden kann.
Natürlich gibt es verschiedene Möglichkeiten, einer Probe gezielt Informationen zu entlocken. Möchte man die Substanz ganz sachte behandeln und sie nicht zerstören, könnte man zum Beispiel einen Schmelzpunkt oder die Dichte bestimmen. Für den Schmelzpunkt sollte die Substanz aber idealerweise bei Raumtemperatur fest sein, und für die Dichtebestimmung braucht man für eine genaue Messung oft deutlich mehr von dem Stoff, als in einem Praktikumsversuch hergestellt wird. Zudem kann die Dichte zwar einen Hinweis auf den Inhalt der Probe geben, reicht jedoch zur eindeutigen Bestimmung nicht aus.
Wenn man sich nicht um die Unversehrtheit des Stoffs kümmert, gibt es verschiedene chemische Verfahren zur Bestimmung respektive Identifikation: Man könnte auf Oxidierbarkeit testen, denn einer der Ausgangsstoffe bei der hier beschriebenen Synthese eines Aromastoffs lässt sich, im Gegensatz zum Produkt, ganz leicht oxidieren, was durch eine eindrückliche Farbänderung des Nachweisreagenz zu erkennen ist. Sollte das Produkt jedoch nicht rein sein und noch immer ein wenig vom Ausgansstoff beinhalten, ist auch diese Methode schwierig anzuwenden und verfälscht das Resultat.

Eine eindeutige Zuweisung kann man oft mittels sogenannter Dünnschichtchromatografie vornehmen. Dabei werden das erhaltene Produkt sowie eine Referenz, häufig das bei einem Hersteller zugekaufte Produkt, auf einer feinen Silicagel-Oberfläche aufgetragen. Anschliessend beobachtet man die spezifische Wechselwirkung der aufgetragenen Stoffe mit der Silicagel-Oberfläche und einem Lösungsmittelgemisch, in dem das Dünnschicht-Plättchen steht. Damit lässt sich zwar häufig sagen, ob der gewünschte Stoff produziert wurde, jedoch nicht, wie rein er ist. Und sollte es dann tatsächlich nicht das gewünschte Produkt sein, kann man nur selten eine weitere Aussage über die Zusammensetzung oder den Aufbau des tatsächlich Erhaltenen machen.  

An der KUE werden die Schülerinnen und Schüler in den Genuss kommen, die Frage nach dem «Wer bist du?» im Chemiepraktikum auf eine andere und sehr elegante Weise beantworten zu können. Das Mittelschul- und Berufbildungsamt hat uns im Frühlingssemester einen Sonderkredit gesprochen, mit dem wir ein modernes NMR-Gerät (nuclear magnetic resonance oder Kernspinresonanz) gekauft haben. Dieses Gerät vermag einem Molekül auf geheimnisvolle Art und Weise Informationen zu entlocken, von denen frühere Chemiker nur träumen konnten. Durch Radiofrequenzpulse werden die Wasserstoff-Atomkerne in einem Molekül angeregt. Da sich die jeweilige Umgebung der einzelnen Wasserstoffatome in Molekülen unterscheidet, «antworten» die Wasserstoff-Kerne unterschiedlich auf die Beeinflussung durch die Radiofrequenzpulse und verraten uns indirekt Informationen über ihre Lage. Dadurch können wir bestimmen, wie viele Wasserstoffatome im Molekül vorhanden sind und wie sie relativ zueinander stehen. Dasselbe Vorgehen können wir auch mit Kohlenstoffatomen machen. Die Probe bleibt dabei völlig intakt. Der Output des Geräts entspricht sozusagen einem Fingerabdruck auf atomarer Ebene.
Damit können wir an der KUE Chemie mit ganz neuen Perspektiven anbieten: Die Daten des NMRs lassen einerseits eine Aussage über die An-, respektive Abwesenheit des gewünschten Stoffs sowie dessen Reinheit zu. Andererseits können wir sogar Strukturaufklärung betreiben. Wir müssen also nicht länger im Dunkeln tappen und über die Zusammensetzung der Probe spekulieren, sondern können innert Minuten die Frage nach dem «Wer bist du?» beantworten. Dies wird nicht zuletzt auch für kommende Maturaarbeiten von grosser Hilfe sein: Schülerinnen und Schüler können unter Zuhilfenahme des NMRs selbständig kleine Forschungsvorhaben wie zum Beispiel die Synthese oder Charakterisierung eines bestimmten Moleküls im Labor der KUE realisieren.

Es ist schön, miterleben zu dürfen, wie eine «state of the art»-Analysemethode der Hochschulen nun auch bei uns zum Einsatz kommen kann.   

Elektrisierende Technik
Nikola Jovanov

Technik und Schule vereinen zwei Extreme an einem Ort, das eine ist kalt und elektrisch, das andere ist voller Leben und elektrisierend.

Wenn zwei Gegensätze aufeinander treffen, braucht es einen Kompromiss, und diesen galt es im Aufbau zu finden. Die Technik an der neuen Kantonsschule sollte ein Instrument sein, das den Lehralltag unterstützt und fördert, aber nicht diktiert oder einschränkt.

Beim technischen Konzept der neuen Schule war klar, dass der Anschluss an das Datennetzwerk des Kantons Zürich, auch LEUnet genannt, die Voraussetzung schuf, komplett umdenken zu müssen. Im LEUnet werden der Serverunterhalt sowie das Hosting zentralisiert vom Kanton übernommen und gesteuert, was ein völlig neues Aufgabengebiet für den Techniker ergibt. Durch diese Zentralisierung wird dem Techniker vor allem eins gegeben: Zeit.

Diese neu gewonnene Zeit sollte zielgerichtet eingesetzt werden. Das Ziel war schnell gefunden: Die Schüler*innen und Lehrpersonen sollten den grössten Nutzen daraus ziehen, dass der Techniker sich nicht mehr mit Server-Timeouts oder DNS-Problemen befassen muss. Damit sich auch der Hardwaresupport in Grenzen hält, wurde beschlossen, auf Apple-Geräte zu setzen

Rohaufbau, Gipsplatten, lose Kabel – und über allem der Wunsch, eine gute drahtlose Infrastruktur aufzubauen, um die auserkorene BYOD-Strategie erfolgreich umzusetzen, das stand am Anfang. Ohne gute Anbindung nützt die stärkste und modernste Hardware nichts. Es galt, die Räume auszumessen, die Positionierung der Access-Points zu bestimmen, um sie dann wieder zu versetzen und neu anzubringen. Das Ganze resultierte in 30 Access-Points mit modernster Glasfaseranbindung für die ganze KUE.

Die einfache Bedienung und ein stabiler Betrieb waren die zwei Hauptanforderungen an die technische Ausstattung der Schulzimmer. Unsere Lehrkräfte sollten jedes Unterrichtszimmer betreten können, ohne sich viele Gedanken über die Ausstattung oder Funktionalität der Technik machen zu müssen. Die Auswahl der Hardware musste diesen Kriterien entsprechen und wurde daraufhin ausgesucht und angeschafft. In jedem Schulzimmer ist die gleiche Steuerung, der gleiche Beamer, die gleichen Lautsprecher, der gleiche Visualizer, sogar der gleiche Tisch installiert worden, um Hardwaredifferenzen zu eliminieren und den Lehrpersonen die Möglichkeit zu bieten, schnell und effektiv mit dem Unterricht beginnen zu können. Um das Vorhaben zu realisieren, den Betrieb einheitlich und stabil zu ermöglichen, mussten auch Wünsche wie z.B. die drahtlose Verbindung zum Beamer oder zusätzliche Anschlussmöglichkeiten zu HDMI verworfen werden.

Die Informatikzimmer der KUE sollten „state of the art“ sein und den hohen Anforderungen heutiger Computertechnologien gerecht werden. Mit Windows 95 und Office 2003 kann man keine Generation Z auf die digitalisierte Studien- und Arbeitswelt vorbereiten. Die technische Zukunft ist vielfältig und so auch die Anforderungen an die Jugendlichen, die nach erfolgreichem Abschluss in die Hochschulen oder in die Betriebe entlassen werden. Es wird programmiert, designt, mit verschiedenen Betriebssystemen gearbeitet u.v.m. Das im Schulalltag abzubilden und zu fördern, war eine Herausforderung, die wir mit unserer BYOD-Strategie und unserem Einsatz von Apple-Hardware abzubilden versuchen. Die Informatikzimmer sind mit Apple-Geräten ausgestattet, die BYOD-Geräte sind Windows-Geräte, programmiert wird auf beiden Systemen; mit den Adobe-Programmen Photoshop oder Illustrator werden wichtige Kenntnisse im Umgang mit Design-, Grafik- und Produktionswerkzeugen unterrichtet und mit der kompletten Office 365-Suite samt Clouddiensten können wir den Schüler*innen ein breites Spektrum bieten, das sie auch in der Industrie vorfinden werden.

Da der Begriff Digital Native für eine Generation steht, die das Smartphone und den Computer in die Wiege gelegt bekommen hat, ist es doch erstaunlich, wie wichtig der technische Support gerade in den Anfangsmonaten für die Schüler*innen ist. Hier schliesst sich der Kreis im neuen Konzept der LEUnet-Anbindung und dem damit verbundenen Mehr an Zeit für den Techniker, der sich voll auf den Support der Schüler*innen und Lehrpersonen sowie aller anderen Mitglieder der KUE konzentrieren kann. Dieser Support wird enorm geschätzt und wahrgenommen, so dass ich hoffe, dass wir die Barriere „Technik an Schulen“ immer mehr einreissen können und uns die Technik doch ein bisschen elektrisiert.

Die Entstehung der IG Eltern
Die IG Eltern (IG) ist die Interessengemeinschaft der Eltern von Schülerinnen und Schülern der KUE. Folgende Personen sind in der IG engagiert und teilen hier ihre Erfahrungen: Bettina Diethelm (4b), Birgit Geueke (1b), Gaby Grab Hartmann (2b), Rahel Rellstab (2a), Susanne Rimoldi (2a und 4a), Andreas Schmid (2a), Jean-Paul Kral (1b), Oliver von Wartburg (3b).

Die IG entstand auf Anregung der Rektoren. Auf der Suche nach „Pioniereltern“, die den Aufbau und die Organisation der heutigen IG anstossen, haben wir uns als Eltern des ersten Jahrgangs begeistern lassen und die IG gegründet. 

Welchen Zweck erfüllt die IG?

Wir wollen in Zusammenarbeit mit der Schulleitung und Lehrerschaft sowie der Schülerorganisation die Kommunikation und den Informationsaustausch fördern, Ideen einbringen, Probleme ansprechen und zu konstruktiven Lösungen beitragen. Der Austausch zwischen Schule und Elternhaus wird durch den Miteinbezug der Eltern vertieft und das gegenseitige Vertrauen gefördert. Die Schule wird im Gegenzug durch die Einbindung der Eltern bei der Schulentwicklung aktiv unterstützt.

Was unterscheidet die IG von vergleichbaren Elternorganisationen?

Sie unterscheidet sich vor allem durch die Grösse. Wir sind im Moment noch eine sehr kleine Gruppe von Eltern und hoffen, dass sich mit jedem neuen Jahrgang auch weitere interessierte Personen finden werden, die sich eine Mitarbeit vorstellen können. Bis jetzt hat das wunderbar geklappt und wir freuen uns sehr über jeden Zuwachs. Inhaltliche Unterschiede sind vor allem stufenspezifisch. So werden wir zu einem späteren Zeitpunkt den Fokus eher auf die Unterstützung bei der Studien- und weniger auf die Berufswahl legen.

Wer kann der IG beitreten?

Beitreten können alle Erziehungsberechtigten mit Kindern an der KUE, welche Interesse haben, sich in der Elternarbeit der noch jungen Kanti einzubringen. Es muss die Bereitschaft bestehen, etwas Zeit für die Weiterentwicklung der Schule zu investieren.

Wie ist die IG organisiert?

Die IG ist ein Verein mit Statuten und einem Vorstand. Auf einen Mitgliederbeitrag verzichten wir, so lange der Verein so klein ist. Auch sonst wird die Vereinsadministration so gering wie möglich gehalten.

Wie oft trifft sich die IG?

Die IG trifft sich ca. viermal pro Jahr. Je nach Projekten gibt es weitere Treffen bzw. sind die Rektoren für einen Teil der Traktanden anwesend.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit der IG mit der KUE?

Die Zusammenarbeit mit der Schulleitung, der Verwaltung und der Lehrerschaft der KUE ist von einer positiven, respektvollen und offenen Grundhaltung geprägt. Auch konträre Meinungen und Haltungen von Seiten der IG werden von der Schulleitung ernst genommen und diskutiert. Die Schulleitung ist grundsätzlich sehr offen für Themen oder Projekte von Seiten der IG, wie beispielweise dem Sponsorenlauf. Dass dieser Anlass so stark auch von Seiten der Verwaltung und Lehrerschaft mitgetragen wurde, zeigt, dass die IG ihren Platz an der Schule hat.

Inwiefern kann die IG Einfluss auf die KUE nehmen?

Der Einfluss ist natürlich beschränkt auf Themen und Projekte, die allen Schülerinnen und Schülern zugutekommen. Vorschläge wie Spielmöglichkeiten drinnen und draussen für eine sinnvolle Pausengestaltung konnten von der Schule sofort umgesetzt werden.

Mit welchen weiteren Themen befasst sich die IG?

Es sind Themen, mit denen sich alle Elternorganisationen beschäftigen. Sie umfassen grob gesagt Kommunikation, Information, Schulkultur sowie Unterstützung der Schule in Kommissionen und bei Anlässen. Die KUE ist als neu gegründete Schule in einer speziellen Situation. Vieles, was an anderen Schulen über Jahre entstanden ist, gibt es hier noch nicht. Alles muss neu gedacht werden und so liegen uns vor allem Themen wie Schulkultur und Schulklima sehr am Herzen.

Welche Themen sind nichts für die IG?

Wie auch in anderen Elterngremien haben didaktische, methodische und personelle Fragen in der IG nichts zu suchen.

Das erste Jahr der IG

Das erste Jahr ist interessant und sehr positiv verlaufen. Wir Gründungsmitglieder der IG haben nicht nur viele konstruktive Sitzungen, auch mit der Beteiligung der Schulleitung, gehabt, sondern die Schule auch aktiv unterstützen können. Der Sponsorenlauf zur Eröffnung des Unterstützungsfonds der Schule ist ein grosser Meilenstein für uns alle.

Wie ist die Idee zum Sponsorenlauf am 13. Juni entstanden?

Der Rektor hat an einem der ersten Treffen mit der IG den Wunsch eines Unterstützungsfonds für Schüler*innen geäussert. Es lag auf der Hand, dass sich dafür ein Sponsorenlauf am besten eignet. Wir wollten, dass die Schüler*innen ihren Beitrag leisten. Nach kurzem Abwägen entschieden wir uns, dieses Projekt in die Hand zu nehmen. Neben dem finanziellen Ziel war uns auch wichtig, einen Beitrag zum Leben und der Kultur der noch jungen Schule zu leisten.

War der Abend ein Erfolg?

Nachdem die Suche nach Sponsor*innen von den Schüler*innen mit unterschiedlichem Enthusiasmus angegangen worden war, waren wir zuerst unsicher, ob der Abend gelingen würde. Umso schöner war es dann für uns, dass am Lauf selbst die Schüler*innen viele Runden rannten und mit diesem grossen Engagement den Anlass zum Erfolg brachten. Auch enorm unterstützend war, dass sich viele Eltern als Helfer*innen engagierten, Lehrpersonen am Anlass teilnahmen und sogar als Sponsor*innen auftraten und so zu einem rundum gelungenen Sponsorenanlass beitrugen.

Was wird dir davon in Erinnerung bleiben?

Es war sehr heiss an diesem Nachmittag und die Temperaturen während des Laufs entsprechend hoch. Als die ersten Jugendlichen mit hochroten Köpfen an uns vorbeirannten, haben wir auf dem Parcours spontan eine Regendusche aufgestellt. Ich hatte meinen Getränkeposten direkt neben der Dusche und das war eine ziemliche Gaudi!

Wieso engagierst du dich in der IG?

Die KUE ist eine innovative und junge Schule. Durch meine grosse Erfahrung an der Volksschule in verschiedenen Funktionen, möchte ich zum Wachsen einer Schulkultur beitragen, in der miteinander neugierig, kritisch, kreativ und selbstständig gelernt wird. Mich interessiert besonders, wie die IG einen sinnvollen Beitrag zum Wachsen der Schulkultur leisten kann.

Gibt es etwas, was du dir besonders für die Schule und deren Zukunft wünschst?

Die KUE ist im Aufbau begriffen und es ist klar, dass der Fokus im Moment darauf liegt, den Schulbetrieb zu organisieren. Ich wünsche mir für die Schule, dass sie zu einem Ort wird, an dem sich sowohl Schüler*innen als auch Lehrpersonen wohl fühlen. Punktuell gibt es bereits gute Ansätze, die die Schulkultur im Blick haben. Ich wünsche mir, dass vermehrt klassen- und schulübergreifende Aktivitäten zum normalen Schulalltag gehören und dass nebst dem Fokus auf der schulischen Leistung auch dem sozialen Lernen jenes Gewicht zugestanden wird, das es verdient.

Ich wünsche mir für die Schule, dass sie ein Ort ist, an dem individuelle Persönlichkeiten heranwachsen können. Die Schule soll die Vielfalt der individuellen Stärken widerspiegeln.

Zuwachs für die IG

Du bist dieses Schuljahr neu zur IG gekommen. Was bewog dich zu diesem Engagement?

Als ich auf der Internetseite der KUE etwas suchte, sah ich den Beitrag über die IG. Bei bisherigen ehrenamtlichen Engagements habe ich die Erfahrung gemacht, dass es meistens für alle Beteiligten eine Bereicherung ist. Auch die IG kann für verschiedene Anspruchsgruppen etwas Positives bewirken und Dinge ermöglichen, welche ansonsten nicht zustande kämen. Zuletzt sehe ich es auch als eine Chance, uns als Eltern koordiniert und auf einer institutionellen Ebene einzubringen.

Ihr seid auch erst im neuen Schuljahr zur IG gestossen, was ist euer Wunsch für die IG?

Die IG soll als eine wertvolle Ergänzung zur Schul- und Schülerorganisation wahrgenommen werden. Man darf ein engagiertes Mittragen erwarten. Die IG kann mit ihren Möglichkeiten, ihrer Kreativität und Kompetenz die Themen mitgestalten und während der intensiven Gymi-Zeit für alle zu vielen positiven und spannenden Erlebnissen beitragen.

Die KUE ist noch sehr jung und wird in den kommenden Jahren weiter wachsen. Ich hoffe, dass die IG von Beginn an dazu beitragen wird, diese Schule zu einem Ort zu machen, an dem sich die Schüler*innen gerne aufhalten und auch neben dem Unterricht viel Spannendes für das Leben lernen. Um diese Chance zu nutzen, wünsche ich der IG viele Ideen, Energie und Kreativität.

Aufbau einer Fachkreiskultur am Beispiel der Romanistik
Ruth Rump

Im Fachkreis «Romanistik» werden Französisch, Italienisch und Spanisch zusammengefasst, und so hatten wir das Glück, von Beginn weg zu dritt zu sein. Alle drei Lehrpersonen unterrichten Französisch, jemand zusätzlich Spanisch und jemand Italienisch. Drei Frauen, alle mit langer Erfahrung und unterschiedlichen Persönlichkeiten. Dies kann zu Konflikten führen, wenn man sich auf etwas einigen soll («Das habe ich schon immer so gemacht»). Doch haben wir uns ja alle an der KUE beworben, weil wir etwas Neues aufbauen und unsern Unterricht weiterentwickeln wollen, auch dank Inspirationen von Kolleginnen. So ist glücklicherweise bei allen das Interesse an den Erfahrungen der andern grösser als das Festhalten an eigenen Rezepten, was zu einem lebendigen Austausch und einer erfreulichen Zusammenarbeit führt. Wir sind bestrebt, wo immer sinnvoll gemeinsame Lösungen zu finden, um eine möglichst hohe Unterrichtsqualität und Transparenz zu gewährleisten.

Eine erste gemeinsame Basis haben wir vor der Eröffnung der Schule, während der Phase der Verfassung der Lehrpläne, gelegt. Wir haben mit den übrigen Sprachfächern zusammen entschieden, dass wir die grundsätzlichen Überlegungen zum Sprachunterricht für alle Fächer gemeinsam formulieren würden. Gesagt, getan, OneNote half dabei (wir unterrichteten alle an unterschiedlichen Schulen) – und bei der gemeinsamen ausgedehnten Besprechung wurde für alle Pizza bestellt. Dank diesem Einigungsprozess bezüglich Grundhaltungen und Ziele des Sprachunterrichts konnten wir uns bereits vor der Eröffnung der KUE fachlich austauschen und persönlich besser kennenlernen.

Mit der Aufnahme des Schulbetriebs wurde der Austausch leider nicht automatisch vereinfacht, da wir nicht alle drei an den gleichen Tagen in Uetikon unterrichteten. Zwischen Spanisch- und Italienischlehrerin gab es Überschneidungen im Stundenplan, und so konnte Vieles fortlaufend über den Schreibtisch hinweg geteilt werden, zumal sich die Arbeitsplätze im selben Raum befinden. Es ging dabei sowohl um didaktische und pädagogische Themen als auch um praktische Tipps und Ideen für den Alltag. Diese Möglichkeit der informellen kollegialen Zusammenarbeit trägt nicht nur viel dazu bei, dass man sich an seinem Arbeitsplatz wohl und gestützt fühlt, sondern regt zur ständigen Reflexion und Verbesserung an, was die Unterrichtsqualität positiv beeinflusst.

Um uns zu dritt über Fragen des Französischunterrichts austauschen zu können, hielten wir im vergangenen Jahr drei Fachkreissitzungen ab. Diskutiert haben wir v.a. über gemeinsame Lehrmittel sowie über Exkursionen und Sprachaufenthalte im Fremdsprachengebiet, welche uns allen sehr am Herzen liegen. Bereits im Lehrplan hatten wir festgehalten, dass wir Begegnungen mit Muttersprachlern für zwingend erachten, damit die Schüler*innen das Gelernte in realen Situationen anwenden und erweitern können. Dank den Kontakten unserer Fachvorsteherin gibt es bereits eine Partnerschaft mit einem Gymnasium in Sion, so dass wir die Schüler*innen zum Austausch ermutigen konnten. 

Wir freuen uns darauf, wenn mit dem Heranwachsen unserer Schüler*innen neben Fragen zum Spracherwerb auch vermehrt Literatur ein Thema wird. Wie schön, dass es Fachkreise gibt, wo sich Expertinnen mit den gleichen Interessen treffen.

Um das Unsere zu einem guten Übergang von der Volksschule ans Gymnasium beizutragen, organisierten wir im Frühjahr Klassenbesuche in Französischlektionen der Primarschule. Zusätzlich meldeten wir uns für das Pilot-Projekt an, das neue Lehrmittel «Dis donc» fürs Untergymnasium zu erproben.

 

An der letzten Sitzung im Schuljahr liessen wir uns eine Internet-Plattform für den Französisch-Unterricht vorstellen. Dabei war auch bereits die junge Kollegin, die ab dem 2. Schuljahr zu uns stossen würde. Wir waren alle vier begeistert von den Möglichkeiten, welche uns gezeigt wurden, auch weil sie die Individualisierung des Unterrichts erleichtern. So beschlossen wir, der Schulleitung den Erwerb der entsprechenden Lizenzen zu beantragen.

Diese Beispiele zeigen, dass im Fachkreis eine grosse Bereitschaft vorhanden ist, Neues auszuprobieren, wenn dies eine Verbesserung des Unterrichts oder der Zusammenarbeit verspricht. Die Bestätigung einer Idee oder generell einer Haltung durch Fachkolleginnen ermutigt und gibt Sicherheit, was in unserem herausfordernden Beruf sehr wertvoll ist. So ist es schön festzustellen, dass auch bei individuellen Unterrichtsstilen und Themensetzungen viele grundsätzliche Fragen ganz ähnlich angegangen und gelöst werden.

Ein grösserer Brocken wird die Festlegung der Form der Maturitätsprüfungen sein. Sollen diese den Anforderungen eines Hochschulstudiums in Französisch entsprechen oder vermehrt auf allgemeinere, praktische Kompetenzen ausgerichtet sein? Eine erste Diskussion zeigte, dass dieser Spagat nicht einfach auszuführen ist und im Fachkreis unterschiedliche Akzente gesetzt werden. Nicht in Frage gestellt wird jedoch, dass die Prüfungen für alle gleich aussehen sollen.

Ein kleines Beispiel für eine gelungene kollegiale Zusammenarbeit im ersten Schuljahr war die Durchführung von Französisch-Workshops für die ersten Klassen in der Sommer-Themenwoche. Nach gemeinsamer Vorbereitung liessen wir die Erstklässler*innen mit kurzen Gedichten bzw. Calligrammen arbeiten und diese illustrieren. Die Resultate waren sehr erfreulich.

Da wir die ganze kleine KUE-Gemeinschaft an kulturellen bzw. kulinarischen Leckerbissen aus dem romanischen Sprachraum teilhaben lassen wollten, organisierten wir einige Mittagessen für alle. Es konnten im Laufe des Schuljahres von unseren Klassen zubereitete Crêpes, Fajitas, und Pastagerichte genossen werden.

Am Ende des ersten Jahres freuten wir uns alle auf das neue Schuljahr, welches mit mehr Lektionen für alle eine engere Zusammenarbeit mit sich bringen würde. Etwas schade finden wir, dass es für Französisch und Italienisch/Spanisch getrennte Arbeitszimmer gibt, was den spontanen Austausch von Materialien und Unterrichtsideen ein wenig behindert. Im Frühling 2020 wollen wir eine gemeinsame Weiterbildungsreise ins romanische Sprachgebiet unternehmen, um unseren fachlichen und persönlichen Zusammenhalt zu stärken. Fazit dieses ersten Jahres an unserer neuen Schule: Es macht Freude, zusammen mit erfahrenen Kolleginnen eine schulspezifische Fachkultur aufzubauen, Regeln zu definieren, nach den jeweils besten Lösungen aus unser aller Erfahrungsschatz zu suchen – wobei durchaus angemerkt werden kann, dass die Umstände der neuen Schule und des noch kleinen Fachkreises das Finden von gemeinsamen Nennern sehr erleichtern.

„Jeder Neuinstitutionalisierung wohnt ein besonderer Zauber inne.“
Jan Melissen

Die Schulkommission, bestehend aus sieben Mitgliedern, hat beim Aufbau der neuen Kantonschule u.a. bei der Rekrutierung des Rektors und Prorektors aktiv mitgearbeitet. Sie besteht aus Personen, welche an der Volksschule, in Hochschulbereichen – wie ETH, UZH, PHZH und Fachhochschule – sowie in der Politik und in juristischen Bereichen tätig sind. Die wachsende Zahl an Lehrpersonen führt zu häufigeren Schulbesuchen, gleichzeitig werden die Mitglieder der Schulkommission immer vertrauter mit dem Schulbetrieb.

In einem Rück- und Ausblick zum Anfang der Kommissionsarbeiten und einem sich ständig ändernden Bildungsumfeld äussert sich Otfried Jarren, Kommissionsmitglied, in einem Kurzgespräch mit dem Präsidenten der Schulkommission, Jan Melissen.

Jan Melissen: „Jeder Neuinstitutionalisierung wohnt ein besonderer Zauber inne.“ Gilt dieser Leitspruch für dich immer noch?

Otfried Jarren: Ja, er gilt noch immer.

Melissen: Was war bzw. ist deine Motivation, dich bei der Neugründung der Kantonsschule Uetikon zu engagieren?

Jarren: Da ich in Deutschland aufgewachsen bin und dort das Abitur machte, habe ich erst als Prorektor an der Universität Zürich das Schweizer Schulsystem besser kennengelernt. Urs Bamert kannte ich über das Mittelschul-Projekt, und ich bin ohnehin überzeugt wie begeistert von der Ausbildung der Lehrer*innen in der Schweiz. Daher habe ich die Frage, ob ich in der Schulkommission mitarbeiten möchte, sehr gerne mit Ja beantwortet.

Insgesamt finde ich das Schweizer Schulsystem sehr gut, die Autonomie der Schulen ist toll, und es herrscht eine hohe Professionalität. Die Schülerinnen und Schüler lernen früh, Verantwortung zu übernehmen. Und in einer neu gegründeten Schule ist es einfacher, etwas Neues zu versuchen. Das ist anspruchsvoll wie spannend zugleich. Es ist ja nicht ohne, dass ein Kanton zwei neue Schulen gleichzeitig gründet (neben Uetikon am See auch Wädenswil, Kantonsschule Zimmerberg). Der ganze Prozess ist sehr gut gelaufen und ist eindrücklich. Die Leitungspersonen machen einen sehr guten Job!

 

Melissen: Was sind die Herausforderungen bei der Neugründung einer Schule?

 

Jarren: Eine Herausforderung ist, dass sich an der Universität viele Fächer immer stärker spezialisieren, während an der Mittelschule eine allgemeine Grundlegung und ein Überblick vermittelt werden müssen. Dabei muss aber der Wandel der Fächer im Auge behalten werden und es gilt zudem, die Interdisziplinarität zu beachten. Gleichzeitig müssen die Schülerinnen und Schüler zu verantwortungsvollen Bürger*innen erzogen werden. Ausserdem herrscht ein Spannungsfeld zwischen den Fächern selbst: Naturwissenschaften auf der einen Seite, Geisteswissenschaften auf der anderen Seite. Dazu kommt noch die Digitalisierung, die zahlreiche neue Lehr- und Lernformen notwendig macht und weitere Herausforderungen, ethische etwa, mit sich bringt. Die Schule muss also spezialisiert genug und gleichzeitig übergreifend wie interdisziplinär genug unterwegs sein, während an den Universitäten die Spezialisierung voranschreitet. Die Qualität des digitalen Unterrichts ist aus meiner Sicht und soweit ich das bei einigen Fächern selbst beobachten durfte, in Uetikon sehr gut. Ausserdem herrscht eine dichte Interaktion zwischen Lehrpersonen und Schüler*innen, aber auch unter den Schüler*innen vor. Das ist etwas, was die Schule der Universität voraushat. Die Methodenvielfalt ist sehr hoch, wie ich bei meinen Schulbesuchen schon gemerkt habe. So wurden in einer Lektion Zeichnung, Vizualiser, iPad und Gespräche eingesetzt, sodass viel mehr entstehen kann als in einer reinen "iPad-Klasse". Diese Methodenvielfalt bei der Vermittlung ist an der Mittelschule viel grösser als an der Universität. Möglicherweise ist dies mit ein Grund dafür, dass es leider immer noch so viele Studienabbrecher*innen gibt, weil sie weniger als an der Mittelschule gefordert und individuell angesprochen wie einbezogen werden. Die Kantonsschule Uetikon versucht, mit Projektunterricht in zusätzlichen Programmen speziell diejenigen Skills zu fördern, die für die neuen Herausforderungen gebraucht werden: Blicken über den Tellerrand, Motivieren von anderen, Recherche, kritisches Prüfen von Material.

An der Mittelschule wird auch stärker fächerübergreifend und kooperativ unterrichtet als an der Universität. Es müsste an der Universität von Beginn an verstärkt Projektunterricht geben, der die Interaktions- und Transferfähigkeiten wie die Flexibilität der Studierenden fördert, die im späteren Berufsleben gefordert werden. Eine Idee ist, Praxispartner mit einzubeziehen, die ein anderes Feedback als die Lehrenden geben können. Die Universitäten hinken nicht nur didaktisch hinterher, sondern auch bei der Digitalisierung. Die Universitäten benötigen eine grundlegende Reform ihrer Lehre.

Melissen: Ist die Digitalisierung eine Bedrohung?

Jarren: Ja und Nein. Smarte Technologien sind ja schon da, sie werden sich nun wohl mehr und mehr durchsetzen. In machen traditionellen Berufen der Dienstleistungsbranche, so bei Banken oder Versicherungen, wird es m. E. zu erheblichen Veränderungen kommen. Maschinen verarbeiten Texte oft besser als Menschen, in der Diagnostik wird die Digitalisierung ebenfalls genutzt. Aber der Beratungssektor wird wachsen. Zum Beispiel herrscht möglicherweise Unsicherheit, wie man mit maschinell generierten Befunden umgehen soll. Dafür braucht es Beratung.

Auch mit akademisch qualifizierten Personen besetzte Bereiche, so im Rechtssystem, werden sich massiv verändern. Für viele Standardprozesse benötige ich eben keinen direkten Austausch mit Personen, erst recht kein dichtes Filialnetz. Die involvierten Personen aber müssen sehr beratungskompetent sein. Es gilt, neu zu qualifizieren. Zudem müssen Organisationen, Handlungsträger und Rollen wie Prozesse auch im Dienstleistungssektor neu entwickelt werden.

Und ja, es gibt Herausforderungen: Algorithmen sind so komplex, dass man gar nicht mehr weiss, was alles passiert. Es braucht Wissen, ethische Standards, mehr Selbstregulierung und wohl auch eine gewisse Kontrolle. Die Auswirkungen der Digitalisierung lassen sich nicht mehr sicher abschätzen, der Wandel verläuft sehr schnell. Europa ist leider kein Champion (mehr): Wir laufen amerikanischen wie chinesischen Unternehmen hinterher – bei der Cloud-Entwicklung wie in der Plattformökonomie. Wir müssen aufpassen, nicht noch weiter abhängt zu werden. Dazu ist es aber auch nötig, bisherigen Regeln wie Praxen selbstkritisch zu hinterfragen, die neuen Technologien anzunehmen und sozial zu gestalten. Mit Regulierung allein kommen wir nicht weiter.

Melissen: Wie bilde ich meine Meinung? Kann ich heute noch eine kritische Haltung entwickeln? Wie ist deine Sicht dazu?

Jarren: In der Tat erleben wir hier massive Veränderungen, so im Bereich der tradionellen Medien. Sie büssen nicht nur an Reichweite ein, sie verlieren nicht nur ihre ökonomische Basis durch den Verlust von Werbung, sondern sie verlieren zudem auch ihre kulturelle Relevanz. Wir haben einen gespaltenen Markt: Die Jungen sind auf den Plattformen und die Alten lesen noch Zeitung und schauen lineares Fernsehen. Zugleich nimmt die Zahlungsbereitschaft für den Journalismus erkennbar ab. Das bereitet nicht nur mir eine gewisse Sorge: Journalisten beobachten die Gesellschaft, greifen Themen aus einer unabhängigen Position heraus auf, beziehen uns in die gesellschaftlichen Prozesse ein, lassen viele Akteure zu Wort kommen. Sie organisieren den Austausch. All das können Plattformen nicht: Sie ermöglichen immer mehr Meinungsäusserungen, was gut ist, aber sie schaffen keine Übersicht. Die Dinge werden nicht aggregiert, synthetisiert und priorisiert. Was ist nun wichtig für meine Meinungsbildung? Wenn die Plattformen den Themen- wie Meinungsmarkt stark beeinflussen, bestimmen sie unsere Meinungs- und Willensbildung massgeblich mit. Und das hat natürlich Folgen für die individuelle, die private, wie die allgemeine – also die politische – Meinungsbildung. Plattformen sind also sowohl für individuelle, private wie für gesellschaftliche Entscheidungen relevant. Die Plattformen aber, derzeit in US-amerikanischem Besitz, verfolgen keine europäischen Ziele und sie basieren auf ausländischem Recht.

Die Medienordnung Europas ist unter Druck, die Kommunikationsformen wie -regeln ändern sich. Die vormals einfachen Sortierungen, so nach links oder recht, verlieren an Relevanz. Eine neue Relevanzordnung, die wir zur Orientierung benötigen, ist noch nicht etabliert. Was wird aus den alten Medien, der SRG, dem Service Public-Gedanken – zumal dann, wenn die Reichweite immer weiter schwindet? Der Spardruck bei den Medien ist sehr gross, es fallen immer mehr Bereiche wie Leitungen weg. Für die direkte Demokratie sind wir aber auf ein vielfältiges, auf Diskussion angelegtes mediales System konstitutiv angewiesen.

Generell beobachte ich Widersprüchlichkeiten: Auf der einen Seite wird die shared economy gepredigt und favorisiert und Nachhaltigkeit verlangt, aber auf der andern Seite sehe ich kein diese Entwicklung im Mediensektor stabilisierendes Verhalten. Diese Widersprüche sieht man aber auch in anderen von der Digitalisierung betroffenen Bereichen: In der industriellen Produktion wie Distribution müssen, um den neuen Anforderungen zu entsprechen, Organisationen umgebaut werden. Das führt zu massiven Herausforderungen, ja zu sozialen wie kulturellen Konflikten. „Agile“ Organisationen sind sehr anspruchsvoll. In Baden-Württemberg versucht sich Bosch gerade in einem entsprechenden Wandel. Ebenso sind die grossen industriellen Unternehmen in der Schweiz wie die ABB gefordert.

Melissen: Was heisst das alles für den Bildungssektor?

Jarren: Die neuen Märkte mit ihrer neuen Logik haben Einfluss auf die Eliten. Entrepreneure beherrschen derzeit die globalen Märkte. Neue ökonomische Eliten entstehen. Neue Geschäftsmodelle werden in sehr kurzer Zeit durchgesetzt. Damit ändern sich, und nun partiell auch global, Normen wie Regeln. Sehr zugespitzt formuliert: Nur weil man schriftgewandt ist, heisst es nicht, dass man sich durchsetzen kann. Das zumal auch deshalb nicht, weil immer mehr Geschäfte allein durch Sprachnutzung, also sprachgesteuert, realisiert werden können und werden. Sprachsteuerung wird sich global durchsetzen. Dennoch: Schreiben und Sprechen sind basale Kompetenzen, die weiterhin von hoher Bedeutung sind. Idee entwickelt man, indem man diese notiert, verändert, sie Dritten zeigt und mit noch weiteren Personen darüber diskutiert. Schreiben als Arbeit am Gedanken, so hat es einmal die NZZ in einer Werbung formuliert. Das ist es und so bleibt es, davon bin ich überzeugt. Und in unserer Kantonsschule Uetikon sind viele gute Ansätze vorhanden, kritisches Denken, Kreativität und Kollaboration bei Schülern zu fördern – zum Beispiel durch Projektarbeit. Problemlösung kann nicht früh genug gelernt werden. Dazu kommt das hohe fachliche Niveau, das das Team in Uetikon auszeichnet. Man spürt zudem den Veränderungswillen. Der Zauber ist daher immer noch spürbar für mich!

Was heisst gesund?
Orlando Caduff

Wenn ich die Schüler*innen bei der Behandlung von gesellschaftlichen und ethischen Herausforderungen zum Einstieg jeweils eine Art Wertehierarchie erstellen lasse und sie dabei mit verschiedenen vorgegebenen Werten und Normen konfrontiere, wird von ihnen stets «die Gesundheit» als «Wert an sich» und als eine Grundvoraussetzung für ein «gutes Leben» herausgestrichen. Oftmals sind wir uns der Bedeutung unserer Gesundheit gar nicht bewusst. Wenn sich Krankheitsfälle im persönlichen Umfeld häufen oder wir mit Schicksalsschlägen konfrontiert werden, wird uns allenfalls ins Gedächtnis gerufen, wie wichtig doch eine «gute Gesundheit» für uns ist. Sie ist die Grundvoraussetzung dafür, dass wir die zahlreichen Herausforderungen unseres Lebens bewältigen können. Trotz dieser enormen Bedeutung der Gesundheit und ihrer «Förderung» – damit sind wir beim Begriff «Gesundheitsförderung» – spielte diese bei den ersten Planungen der neuen Kantonsschule nur eine untergeordnete Rolle. Diese Lücke sollte an der KUE bereits im ersten Schuljahr geschlossen werden. Dadurch, dass ich im Rahmen des modularen Zertifikatlehrgangs «Kontaktlehrperson Suchtprävention und Gesundheitsförderung (KLP)», welcher durch das Mittelschul- und Berufsbildungsamt für Lehrpersonen an Berufsschulen und Gymnasien angeboten wird, eine Abschlussarbeit verfassen durfte und die KUE ein Konzeptpapier zur Gesundheitsförderung dringend benötigte, erhielt ich von der Schulleitung den Auftrag, als Abschlussarbeit ein neues Konzept zur Gesundheitsförderung und Prävention an der KUE vorzulegen.

Die mit dem Konzept verbundenen ersten Diskussionen sollten eine Art Startschuss für die Gesundheitsförderung an der KUE darstellen. Das Konzept an sich wiederum sollte unter anderem die Grundlagen für zukünftige gesundheitsfördernde und präventive Projekte schaffen und die anstehenden Entwicklungen und Ziele in diesem Bereich abbilden bzw. schriftlich verankern. Mit einem klaren Konzept und ebensolchen Strukturen sollte der Gesundheitsförderung der Platz eingeräumt werden, der ihr auch gebührt. Zur Erreichung dieser Ziele der Gesundheitsförderung sollten zudem – dies wurde von Anfang an festgelegt – möglichst viele Akteur*innen aus dem Umfeld der Schüler*innen miteinbezogen werden. Deshalb sollten verschiedene gesundheitsfördernde Projekte und Angebote nicht nur den Lernenden, sondern auch den Lehrpersonen und Angestellten der KUE sowie den Eltern der Schülerschaft zugänglich gemacht werden.

In Uetikon ging es im Rahmen der Gesundheitsförderung im Speziellen um die Förderung der digitalen Medienkompetenz und darum, diese ebenfalls in das Konzept bzw. in die «Gesundheitsförderungstage» zu integrieren. Dies auch deshalb, weil das Verständnis von Gesundheit an der KUE neben der physischen und sozialen Umwelt unbedingt auch die psychische Dimension berücksichtigt. Zudem bringen die Schülerinnen und Schüler ab der dritten Klasse einen eigenen privaten Computer mit in den Unterricht und der Umgang mit der Digitalisierung ist ein Teil des KUE-Leitbilds. Im Bereich der Gesundheitsförderung galt es deshalb, die Digitalisierung im Zusammenhang mit anderen gesellschaftlichen Entwicklungen auch kritisch zu sehen und zu reflektieren. Auf sämtlichen Klassenstufen und als Teil des Konzepts wird denn auch der massvolle Umgang mit digitalen Geräten («Balance online-offline» bzw. Thematisierung der Bildschirmzeit) mit den Schülerinnen und Schülern besprochen.

Das neue Konzept in Uetikon war vor den Herbstferien 2018 erstellt, damit es bereits im ersten Schuljahr eine Art Grundausrichtung der Gesundheitsförderung vorgeben konnte. Anschliessend wurde es in einem ersten Schritt mit der Schulleitung, dem KLP-Kollegium und dem Leiter der Fachstelle Prävention und Sicherheit des MBA diskutiert. Auch die Erfahrungen der zuständigen regionalen Suchtpräventionsstelle Samowar und der Schulsozialarbeiter der Primar- und Oberstufenschule in Uetikon wurden abgeholt und verbesserten das Konzept inhaltlich. Ein Meilenstein bezüglich einer ersten Umsetzung des Konzepts war sicherlich der erste «Tag der Gesundheitsförderung» an der KUE am 11. März 2019. An diesem Tag wurden Workshops zur Mobbingsensibilisierung, zu rechtlichen Aspekten der Mediennutzung, zur Reflexion der eigenen Mediennutzung und auch Lektionen zur Suchtprävention (Umgang mit Gruppendruck) angeboten. Begleitend dazu fand am Abend eine Elternveranstaltung statt. Die Jugendintervention der Kantonspolizei Zürich referierte zum Thema «Jugendliche und das Gesetz», die Jugendberatungsstelle Samowar zum Titel «Jugendliche im Umbruch – Herausforderung für Eltern». Der Elternabend war sehr gut besucht und machte das Konzept für Gesundheitsförderung ein erstes Mal sicht- und hörbar.

Im Laufe des Schuljahres wurde das Konzept dann weiter konkretisiert, redaktionell angepasst und schliesslich auf das neue Schuljahr veröffentlicht. Dabei wurden auch die Elternschaft bzw. die neu gegründete Interessengemeinschaft der Eltern an der Kantonsschule Uetikon am See mit dem Konzept konfrontiert und mittels einer ständigen Vertretung in die «Kommission für Gesundheitsförderung» eingebunden. Für diese Kommission, die sich Beginn des Schuljahres 2019/2020 konstituierte, konnten neben einem Vertreter der Schulleitung und der angesprochenen Elternvertretung auch noch der SO-Berater, eine SO-Vertreterin (vertritt die Schülerschaft) und zwei weitere Lehrpersonen gewonnen werden. Die für die KUE zuständige regionale Suchtpräventionsstelle Samowar nimmt zudem an den Sitzungen der Kommission teil. Die breit abgestützte Zusammensetzung der «Kommission für Gesundheitsförderung» aus Eltern-, Schüler*innen-, Schulleitungs- und Lehrer*innenvertretung und externen Fachpersonen soll die ständige Weiterentwicklung von bedarfs- und bedürfnisorientierten suchtpräventiven oder gesundheitsfördernden Projekten und Aktivitäten an der KUE garantieren. Der Grundstein dafür wurde bereits im ersten Schuljahr der KUE gelegt.

Das KUE-Flossbauprojekt zum Ende der obligatorischen Schulzeit
Jürg Berthold

„Im Sommer beendet ihr eure obligatorische Schulzeit und werdet in See stechen. Auch wenn die allermeisten an der KUE bleiben, ändert sich nun doch einiges: Ihr werdet nach den Sommerferien ganz aus freien Stücken die restlichen drei Jahre hier sein und macht damit einen Schritt ins Erwachsensein. Ausdruck davon ist, dass wir euch nach den Sommerferien mit Sie ansprechen werden. Um diesen Übergang zu vollziehen, habt ihr eine Aufgabe, die diese Initiation symbolisch und spielerisch sichtbar machen soll. Ihr werdet völlig selbständig ein Gefährt bauen, mit dem ihr in See stechen und euch auf die Reise begeben könnt.“ Mit diesen Worten hatten wir kurz nach den Frühlingsferien in den beiden dritten Klassen den offiziellen Startschuss für ein Flossbauprojekt gegeben. In den Wochen bis zu den Sommerferien sah man immer wieder mal, wie einige die Köpfe zusammensteckten und über einem Bauplan brüteten, das eigens erstellte Rennreglement studierten oder mit Säcken voller leerer Petflaschen unter dem Arm rumliefen.

Am Montag der letzten Schulwoche war es dann soweit: Die beiden Geografielehrpersonen, Katharina Schwitter und Roger Riner, machten den Auftakt mit einem Vormittag rund um Fragen von Plastikmüll und Verschmutzung. Danach ging es runter an den See, auf das Fabrikareal, das als Werft diente. Die Teams arbeiteten in den ihnen zugeteilten Bereichen. Da wurde gehämmert, geschraubt, geleimt, geklebt und zusammengebunden; alle möglichen Materialien kamen zum Zug. Dass die beiden Klassen noch je eine Aufgabe aus ihrem Schwerpunktfachbereich zu lösen hatten, ging dabei fast vergessen. Markus Egli hatte zum Beispiel für die MINTler*innen passend zur Thematik eine Seevermessungsaufgabe ausgetüftelt, bei der trigonometrische Kenntnisse eingesetzt werden mussten.

Als am Mittwochnachmittag und Donnerstagvormittag alle Gefährte eine Testfahrt absolviert hatten, war klar, dass es zum Kentern für diesmal nicht kommen würde. So unterschiedlich die Bauweisen waren, alle erfüllten die Bedingung, mindestens drei Personen gleichzeitig tragen zu können. Offen war, wie es um die Manövrierfähigkeit und die Schnittigkeit im Wasser unter Wettkampfbedingungen stehen würde. Das zeigte sich, als am Donnerstagnachmittag der Startschuss für das Rennen fiel und die Flosse lospaddelten. Die ganze Schule stand am Ufer, aus den Boxen dröhnte Sound, und alle feuerten die Teams an. Da waren nur schon die Dekorationen der Gefährte, die Kostüme und die Kriegsbemalungen eine Augenweide. Dass überall chinesische Schriftzüge auftauchten, kam nicht von ungefähr: Yamin Zhai hatte für die Sprachlerinnen und Sprachlicher der 3a einen Chinesisch-Crashkurs als Zusatzaufgabe entwickelt. Man wird sich im Leben mit ganz Fremdem beschäftigen müssen, war hier der Hintergedanke. Die Stimmung war ausgelassen, man spürte, dass die Verbindung aus Anforderung und lustvollem Lernen ankam.

Letztlich ging es bei dem Projekt aber um eine pädagogische Haltung den jungen Frauen und Männern gegenüber: Wir wollten den Teams mit der offenen Aufgabenstellung etwas zutrauen, sie in das (nun nicht mehr wirklich) kalte Wasser werfen. Da waren unterschiedliche Qualitäten gefragt: Voraussicht und Planung, Erfindergeist und Berechnungen aller Art, aber auch Teamgeist und Organisationstalent. Allzu oft hat die Schule ja die Tendenz, mundgerecht portionierte Häppchen zu verabreichen, Möglichkeiten des Scheiterns zu antizipieren und Netze aller Art aufzuspannen. Christoph Kolumbus soll während einer seiner Fahrten auf einem der Begleitschiffe einen 15-jährigen Kapitän dabeigehabt haben. Diese Information habe ich bis jetzt zwar nicht verifizieren können, aber das Bild gefällt mir: Was für ein Unterschied wäre das zu dem, was man heute Jugendlichen in dem Alter zutraut! Unabhängig davon, ob es stimmt oder nicht: Wir wünschen uns Aufgaben an der KUE, an denen unsere Lernenden wachsen können, und Herausforderungen, zu denen auch das Kentern gehören darf.

Der Jahresbericht - Mehr als Erfüllung einer leidigen Pflicht
Martin Zimmermann und Jürg Berthold

Wie lassen sich die kantonale Vorgabe, Rechenschaft über die schulischen Tätigkeiten ablegen zu müssen und der Archivierungspflicht nachzukommen, mit anderen Funktionen verbinden, die die Institution des Jahresberichts an den Mittelschulen in den letzten Jahrzehnten übernommen hat? „Aus eins mach vier“, war unsere Antwort.

Im Rahmen der Teilautonomisierung in den 1990er-Jahren entdeckten die einzelnen Schulen den jährlichen Bericht nämlich zunehmend als Plattform zur Selbstdarstellung nach aussen. Logos wurden entworfen, eigene Layout-Konzepte in Auftrag gegeben: Die Elternschaft sollte bei der freien Schulwahl eine Entscheidungsgrundlage bekommen. Der Identitätsfindungsprozess, der mit der Profilierung einherging, fand in der Vorgabe, einen Jahresbericht verfassen zu müssen, zudem einen willkommenen Ort zur Selbstreflexion. Die Web-Präsenz, die für die Schulen spätestens seit der Jahrtausendwende selbstverständlich wurde, verschob die Stellung des Berichts zusätzlich: Die papierenen Broschüren kamen oft zu spät und wirkten redundant. Vor diesem Hintergrund entschieden wir uns, die unterschiedlichen Funktionen in getrennten Gefässen wahrzunehmen.

Die eigentliche Rechenschaftspflicht wollen wir in einer möglichst schlanken Borschüre erfüllen; Adressat sind die übergeordneten Behörden und die politisch interessierte Öffentlichkeit. Für die Selbstdarstellung wollen wir konsequent die Webseite nutzen; diese wird auch ein Archiv enthalten, in dem vergangene Projekte dokumentiert sind. Für eine neu gegründete Schule ist die Selbstreflexion besonders zentral. Diese findet nicht nur im Kollegium und mit der Schülerschaft statt, sondern auch im Austausch mit Menschen aus Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft, die viel darüber nachgedacht haben, was für eine Schule des 21. Jahrhunderts wichtig ist. In diesem Sinn wollen wir eine eigene Publikationsreihe anstossen, die sogenannten Lake Talks; der vorliegende Band ist die Nullnummer dieser Reihe. In der jährlich erscheinenden Publikation wollen wir den jährlich stattfindenden Workshop zu aktuellen Schulentwicklungsthemen auf ansprechende und interessante Weise dokumentieren. Wenn die KUE dadurch eine Ausstrahlung über den See hinaus erhielte, wäre das ein schöner Nebeneffekt. Last but not least: Die Schülerinnen und Schüler sollen ihre persönliche Erinnerung an die Schulzeit an der KUE in Form eines von der Klasse selbst gestalteten Foto- und Erinnerungsbuches mitnehmen können. Deshalb haben die Klassen des Kurzzeitgymnasiums bereits mit dem Anlegen eines Klassenarchivs begonnen.

Das Zusammenspiel dieser Elemente wird, so hoffen wir, das Leben an der KUE nicht nur in Kennzahlen fassen und anschaulich für Aussenstehende abbilden, sondern selber zu einem Mechanismus werden, der die KUE voranbringt und uns hilft, den Weg zu finden.

Unterwegs zu einer gemeinsamen Identität - die KUE-Tage
Jürg Berthold

Wie kommt man als Schule zu gemeinsamen Konzepten? Wie findet man zusammen in Fragen, die Unterricht und Schulkultur betreffen? Und wie entsteht an einer neuen Schule ein Teamgeist, der Konzentration und Schwung beinhaltet?

Im April 2018, ein Vierteljahr vor der Eröffnung, trafen sich das damalige Kollegium und alle, die an der Schule arbeiten würden, zum ersten von bisher sechs KUE-Tagen. Es ging um die Diskussion des Leitbildes. Alles musste schnell gehen, das Kollegium war zwar fast komplett, aber die Eröffnung stand vor der Tür, obwohl das Schulhaus noch kaum zu sehen war. Auch deshalb – und nicht nur weil es noch keine gemeinsam gelebte Kultur geben konnte – hatte die Schulleitung einen Entwurf vorgegeben, so dass der übliche Prozess einer Ausformulierung gelebter Werte und Überzeugungen umgedreht wurde. In Gruppen- und Plenumsdiskussionen kristallisierte sich die Fassung heraus, die jetzt auf der Webseite als KUE-Leitbild zu lesen ist und der wir uns bis auf Weiteres orientieren wollen. Am letzten Freitag der Sommerferien, dem zweiten KUE-Tag, ging es viel prosaischer zu und her: Es trafen sich alle, um Details zur Schuljahresplanung, zum Empfang der Klassen und zu den Eröffnungsfeierlichkeiten zu besprechen. Beide Ebenen, sowohl die Auseinandersetzung mit zentralen didaktisch-pädagogischen Fragen als auch das ganz konkrete gemeinsame Tun, sind für den Aufbau einer neuen Schule zentral.

In regelmässigen Abständen finden seither KUE-Tag statt, an denen es darum geht, eine gemeinsame Kultur herauszubilden, Haltungen zu finden und sich als Team zu verstehen. Gerade in Bezug auf den letzten Punkt ist es zentral, dass nicht nur Lehrer*innen, sondern auch alle sonst im Haus Tätigen voll dabei sind und auch bei Fragen, die nichts mit ihren Bereichen zu tun haben, mitdenken und mitdiskutieren. So tauschten sich alle gemeinsam anhand von sechs vorgängig geschauten Dokumentarfilmen über Schule zu ihren eigenen Schulerfahrungen aus, um herauszufinden, worauf es ankommt. Oder es nahmen alle an einem Kurzworkshop teil, den die als Origamilehrerin ausgebildete Biologielaborantin Viviane Knaus-Zobrist erteilte, um alle in die Situation zu versetzen, etwas Neues lernen zu müssen.

Ein Tag war besonderen Gefässe gewidmet, die für die KUE prägend werden sollen, den vier Themenwochen und dem POOL-Tag. Hier zeigten sich auch die Grenzen einer punktuellen Beschäftigung an einzelnen Tagen: Sie kann die Arbeit in traditionellen Kommissionen, die unterschiedliche Optionen prüft und Modelle durchdenkt, nicht ersetzen. Entsprechend wurden in verschiedenen Bereichen Arbeitsgruppen eingesetzt.

Die Tatsache, dass die meisten der an der KUE unterrichtenden Lehrpersonen auch noch an anderen Schulen unterrichten, zum Teil schon seit Jahren, ist ein wertvolles Kapital, weil ganz unterschiedliche Schulkulturen eingebracht werden in einer Situation, in der noch wenig vorgegeben ist. Es bedeutet aber auch, dass eine Fülle von Vorstellungen zusammenkommt, die nicht immer kompatibel sind, und dass man sich für einen eigenen KUE-Weg entscheiden muss. Die regelmässigen gemeinsamen Tage werden deshalb bis auf Weiteres wichtig bleiben, damit wir herausfinden können, wer wir sein wollen. Die KUE-Tage sind in diesem Sinne nicht mit Weiterbildungstagen zu verwechseln, wie sie an bestehenden Schulen üblich sind, auch dort nicht, wo sie von aussen so aussehen mögen.

Liebe geht durch den Magen. Warum wir an der KUE keine Mensa brauchen
Monique Blättler

Unsere Kanti Uetikon am See befindet sich bis zur Eröffnung des definitiven Schulgebäudes am See in circa zehn Jahren in einem Provisorium, das alle begeistert: Schüler*innen, Eltern, Lehrpersonen, Angestellte und nicht zuletzt die Einwohner*innen von Uetikon. Das Gebäude ist nicht nur eine Augenweide, es ist auch äusserst luxuriös ausgestattet für ein «Providurium». Eigentlich fehlen nur die Turnhalle und die Mensa zu unserem Glück. Weshalb bei der Planung auf eine Mensa verzichtet wurde, ist nicht ganz klar. Vermutlich wären die Kosten zu hoch gewesen und möglicherweise ging man davon aus, dass viele SchülerInnen am Mittag zu Hause essen würden. Auch hoffte man vielleicht, dass die nahe gelegenen Restaurants mit der Zeit ein schülerspezifisches Angebot schaffen würden. Und man setzte auf das Aufwärmen von mitgebrachten Speisen: Die acht Mikrowellengeräte, welche in der Küche neben dem Essraum installiert sind, wurden und werden denn auch seit der Eröffnung unserer Schule rege benutzt.

Wie verpflegt man also die Schülerschaft einer brandneuen Schule, die über keine Mensa verfügt? Diese Frage stellte sich uns noch vor Beginn des ersten Schuljahres. Schnell wurde klar, dass wir auf auswärtige Hilfe angewiesen sein würden. Diese fand sich im Schulhaus Mitte, dessen Mensa wir gegen Voranmeldung mitbenutzen können, wovon im ersten Schuljahr durchschnittlich ca. 30 Schüler*innen pro Tag auch regelmässig Gebrauch machten. 

Im Frühlingssemester 2019 stellte ausserdem die Bäckerei Steiner während der Zehn-Uhr-Pause auf dem Platz vor dem Schulhaus einen Wagen mit Brötchen, Sandwiches, Salaten und auch Mikrowellen-Menüs zur Verfügung. Leider wurde diese Verpflegungsmöglichkeit zu wenig genutzt, weshalb die Firma Steiner ihr Angebot nicht verlängerte. 

Dies lag sicher auch an der Konkurrenz durch die Coop-Filiale, welche sich laut Aussage der Filialleitung seit der Eröffnung unserer Kantonsschule einer Umsatzsteigerung erfreuen kann. Neu wurden eine Wärmestation für Käseküchlein, Schinkengipfeli, Pizza und Ähnliches und vor allem eine Self-Scanning-Kasse installiert.

Neben diesem zugegebenermassen dürftigen Angebot hat es jedoch während des ersten Jahres unseres Schulbetriebs mehrere Anlässe am Mittag gegeben, die aus spontanen Ideen der Lehrerschaft entstanden.

So wurde an mehreren Dienstagen der Tasty Toast Tuesday durchgeführt, der von ein paar Lehrerkolleg*innen und Angestellten organisiert wurde und bei der Schülerschaft viel Anklang fand.

Weiter fand auf Initiative von Denise Gassner (E) zweimal der Fabulous Potluck Friday statt, an dem jeweils die a-Klassen für die b-Klassen und umgekehrt Gerichte zubereiteten, so dass ein ganzes Buffet errichtet werden konnte.

Da die KUE nicht nur das mathematische und wirtschaftliche Profil anbietet, sondern auch das neusprachliche, wurde auch je ein kulinarischer Event organisiert pro romanische Fremdsprache.

Die Italienisch-Schüler*innen der Klasse 3a bereiteten mit Unterstützung ihrer Lehrerin Ruth Rump und eines Kochs drei Sorten Pasta mit der je passenden Sauce zu, was – der Länge der Warteschlange nach zu urteilen – voll den Geschmack der Schülerschaft traf. In der italienisch dekorierten Mensa herrschte eine gute Stimmung und die Köch*innen bekamen viele Komplimente.

Die Spanisch-Schüler*innen der gleichen Klasse wiederum trugen mit Fajitas zum leiblichen Wohl der KUE-Angehörigen bei. Auch diese Verpflegungsmöglichkeit wurde von allen sehr geschätzt. Vor allem die Erstklässler*innen hatten Spass daran, die mit Süssigkeiten gefüllte Piñata, die von der Decke hing, mit verbundenen Augen und einem Stock zum Zerbrechen zu bringen. 

Das aufwändigste und unberechenbarste Angebot aber waren Crêpes, welche auf drei professionellen Öfen von der Klasse 3b zubereitet wurden. Bei allen Events, speziell aber bei diesem, war die Schwierigkeit, die Menge der Zutaten zu berechnen. So war die Verfasserin dieses Textes und Organisatorin des Lundi Crêpes sehr überrascht zu sehen, dass die salzigen Zutaten wie Schinken und Käse auf keinerlei Enthusiasmus von Seiten der Schülerschaft stiessen – im Gegensatz zu den Crêpes au chocolat, von denen wir kaum genug zubereiten konnten. Wie lange die Schreiberin noch tiefgefrorenen Reibkäse aufbrauchen musste, bleibt Geheimnis der Redaktion.

Seit dem Schuljahr 19/20 gibt es einen Vertrag mit der Firma «Felfel», die jeden Morgen einen Kühlschrank mit frischen, saisonalen Snacks und Menus füllt, deren Zutaten aus lokalen, familiengeführten Betrieben stammen. Die Schüler*innen und die Lehrpersonen können die Produkte mit dem Schulausweis jederzeit bargeldlos beziehen. In Kombination mit den Mikrowellen stellt das eine attraktive Verpflegungsmöglichkeit dar.

Auch gibt es Hoffnung, dass die Bäckerei Steiner dank wachsender Schüler*innen- und Lehrer*innenzahl während der grossen Pause wieder ihre feinen Backwaren anbieten wird.

Sicher werden auch weiterhin neue und originelle Verpflegungsideen entstehen – sei es von Seite der Schüler*innen und Lehrer*innen, sei es von aussen.

So stellt das Fehlen der Mensa für uns alle kein grosses Problem mehr dar.

 

 


Wenn Marsmenschen auf dem Pausenplatz landen würden
Michael Nünlist

„Was kann an einer Schule alles passieren?“ Mit dieser Frage eröffnete ich in unseren neuen ersten und dritten Klassen eine kurze Einführung zum Verhalten bei Notfällen. Die Antworten führten über Schiessereien, Landung von Marsmenschen, Rauchentwicklung bis zu chemischen Verätzungen und zeigten, dass sich unsere Schüler*innen der Gefahren durchaus bewusst sind und gleichzeitig auch über Fantasie und mediale Kenntnisse von Grossereignissen an Schulen im Ausland verfügen.

Die KUE verfügt seit ihrem Entstehen über ein transparentes und gleichzeitig klares und einfaches Sicherheitskonzept, welches periodisch einer Risikoanalyse unterzogen und allenfalls neuen Bedrohungen angepasst wird. Die Schule nimmt die Verantwortung für ihre Schüler*innen, welche ihr während des Unterrichts und bei externen Anlässen von den Eltern entgegengebracht wird, sehr ernst und regelt mit Abläufen und Verhaltensmassnahmen das Vorgehen bei Notfällen. Mittels zwei Alarmierungen kann der Notfallstab das Schulhaus bei Ereignissen, welche das nötig machen, innerhalb weniger Minuten entweder evakuieren oder alle Personen sicher im Gebäude verwahren. Sämtliches Personal und alle Lehrpersonen werden periodisch in Erster Hilfe aus- und weitergebildet, um die nötige medizinische Erstversorgung bis zum Eintreffen der Rettungskräfte sicherzustellen. Sämtliche externen Veranstaltungen wie Themenwochen, Exkursionen und Projektausflüge werden von der Schulleitung und dem Sicherheitsbeauftragten geprüft und die Leiter*innen während des gesamten Einsatzes unterstützt.

Auch an der KUE gibt es keine 100%-ige Sicherheit. Aber wir sind vorbereitet, wenn wir in Notsituationen geraten.

Konspirative Konvente
Markus Egli

Das Mittelschulgesetz des Kantons Zürich legt fest, dass die Lehrerschaft der Gymnasien ihre Mitspracherechte im Rahmen des sogenannten Konvents ausübt. Dem Konvent gehören alle an der Schule angestellten Lehrer*innen an, die mindestens ein 20% Pensum erteilen. Im ersten Schuljahr gab es an der Kantonsschule Uetikon keine regulär angestellten Lehrpersonen. Alle «gehörten» einem anderen Gymnasium, waren nur an die KUE ausgeliehen. Technisch gesehen, war ein Konvent in Uetikon daher nicht möglich.

Wenn wir Lehrer*innen dennoch an der Gestaltung der Schule mitwirken wollten – und das wollten wir! –, konnten wir uns nicht zu einem Konvent treffen, mit definierten Abläufen, festgelegten Kompetenzen und geregelten Abstimmungsverfahren. Da ein Konvent nicht existierte, trafen wir uns zu sozusagen konspirativen Sitzungen, um in nicht geregelten Verfahren unsere Ideen und Ansichten einzubringen. So ergab sich eine schon beinahe verschwörerische Stimmung, in welcher ungewohnte Ideen gut gedeihen konnten.

Ein zentrales Anliegen des Konvents ist die Gestaltung des Schulprogramms. Welche Anlässe ausserhalb des Grundstundenplans sollen ins Jahresprogramm der Schule aufgenommen werden, d. h. welche Anlässe sollen jedes Jahr zu definierten Zeitpunkten stattfinden? Was überlässt man der Spontaninitiative? Es geht um Schulreisen, Exkursionen, Arbeitswochen, Projektwochen, interdisziplinäre Projekte, Phasen selbst-organisierten Lernens, Teilnahme an Wettbewerben, die Robotikolympiade, Theateraufführungen, Sprachaufenthalte, Besuchstage, Sporttage, Sozialeinsätze, Gesundheitsförderung und anderes mehr. Es gibt Ideen sonder Zahl, der Standardunterricht jedoch soll auch regelmässig stattfinden. Hier gilt es, dass richtige Mass zu finden. Bei der Gestaltung des Schulprogramms darf, soll und muss der Konvent mitreden und mitentscheiden. Das Antragsrecht bei der Ernennung der Schulleitung ist ein weiteres Privileg des Konvents, das im Mittelschulgesetz verankert ist.

 

Die KUE Gründungslehrer*innen mussten sich im Laufe des Schuljahres für die Stelle bewerben, die sie de facto bereits besetzten, was im Umfeld (Eltern, Schüler*innen, Lehrpersonen an der KUE und an anderen Gymnasien) zu mehr als nur Stirnrunzeln führte. Nun, die meisten Lehrpersonen haben sich der Wahl gestellt, weil es ihnen hier gut gefällt und sie auch bleiben wollen. Alle Kandidat*innen des ursprünglichen Projektteams, die sich beworben haben, sind denn auch gewählt worden, darüber hinaus zahlreiche weitere Lehrkräfte, was nötig war, da im zweiten Existenzjahr der Schule bereits zehn Klassen unterrichtet werden. Seit dem 1. September 2019 hat die Kanti Uetikon ihre eigenen Lehrpersonen.

 

Diese müssen sich nun nicht mehr heimlich treffen. Aus den konspirativen Sitzungen des Kollegiums ist eine Konventsordnung erwachsen, in der die Kompetenzen und Verfahren geregelt sind, so dass der Konvent auch dann noch gut wird funktionieren können, wenn es einmal nicht so harmonisch zu- und hergeht wie im Gründungsjahr und wir uns in den Haaren liegen. Genau das ist ja der Sinn der Konventsordnung: Auch in schwierigen Zeiten soll die Entwicklung der Schule durch klar geregelte Verantwortlichkeiten und Abstimmungsverfahren sichergestellt sein. Wir haben das Rad natürlich nicht neu erfunden. Für Wahlen und Abstimmungen zum Beispiel orientieren wir uns am Geschäftsreglement des Zürcher Kantonsrats. Wir haben auch einiges von anderen Konventsordnungen übernommen – die erstaunlich unterschiedlich sind, obwohl doch alle Zürcher Gymnasien dem Mittelschulgesetz unterstehen, das den übergeordneten Rahmen festsetzt.

Die Konventsordnung wurde am 13. Juni 2019 im Kollegium ausführlich besprochen und schliesslich einstimmig angenommen, sicher nicht zuletzt, weil §24 festhält, dass sie nicht in Stein gemeisselt ist: «Die vorliegende Konventsordnung kann durch eine einfache Mehrheit der stimm­­berechtigten Mitglieder des Konvents (im Rahmen der über­­geordneten Bestimmungen) geändert werden».

Der erste Konventsvorstand ist mittlerweile gewählt und hat die Arbeit aufgenommen. Manuel Burkhalter ist der Präsident, Danilo Raffaele der Vizepräsident (gleichzeitig auch Delegierter der Schule an der Lehrpersonenkonferenz der Mittelschulen) und der Rektor, Martin Zimmermann, ist gemäss Konventsordnung von Amts wegen ebenfalls ein Mitglied des Konventsvorstands.

So sind wir zurückgekehrt in den Schoss des Zürcher Löwen, unter dessen Schutz wir nun als offizieller Konvent zusammentreten, wenigstens vorläufig. Gerüchteweise wird verlautet, die Zürcher Bildungslöwin wolle das Mittelschulgesetz so ändern lassen, dass die Mitspracherechte der Lehrer*innen beschnitten werden. Unser Widerstand ist ihr gewiss.

Übers Pflichtenheft hinaus
Adrian Villiger

Im März 2018, als ich die Stelle des Adjunkten an der KUE antrat, war zwar vom Projektteam «Aufbau Mittelschulen» schon vieles vorbereitet, die Aufgabe, die Stellen in Verwaltung und Betrieb zu besetzen, überliess man aber gut begründet den Personen, die schliesslich in der Schule arbeiten und direkte Ansprechpersonen sein würden. Aber wie schreibt man Stelleninserate für Personen aus Verwaltung und Betrieb, die beim Aufbau der KUE mithelfen sollen, ohne existierenden Betrieb?

Wir standen vor der Herausforderung, Personal zu rekrutieren, das interessiert war, beim Aufbau einer neuen Mittelschule mitzuhelfen, ohne eine exakte Vorstellung des Aufgabengebietes, geschweige denn ausformulierte Pflichtenhefte vorlegen zu können.
Der angehenden Sekretärin konnte keine Datenbank gezeigt werden, die mit Schülerinnen und Schülern gefüllt war. Der potentielle Hausmeister musste sich sein Haus anhand von Plänen vorstellen und die Baubeschriebe lesen, um eine realistische Vorstellung des Schulhauses zu entwickeln, und für den künftigen Techniker bestand die Herausforderung darin, in einen laufenden Planungsprozess der Netzwerkarchitektur und der Ausstattung der Schulrechner einzusteigen und dabei irgendwie die eigenen Vorstellungen einbringen zu können. Für den Aufbau der naturwissenschaftlichen Sammlungen war es besonders wichtig, jemanden mit Mittelschulerfahrung zu finden, würden doch die Naturwissenschaften nur teilweise ab Schulbeginn unterrichtet. Der Aufbau der Sammlungen musste ohne laufenden Unterricht erfolgen. Viele Fragen und Überlegungen ergäben sich aber erst in der konkreten Arbeit – der Aufbau und Einkauf der Materialien würde zeitintensiv werden, daher war es optimal, mit einer erfahrenen Person arbeiten zu können.

Der gemeinsame Nenner für alle Rekrutierungen war immer die zwischenmenschliche Beziehung sowie die Bereitschaft, sich auf das Abenteuer Schulaufbau einzulassen. Wir pflegen einen respektvollen, wohlwollenden und direkten Umgang und wünschen dies von sämtlichen an der KUE tätigen Personen. Nebst der fachlichen Qualifikation stand immer auch die Bereitschaft im Zentrum, sich über ein enges Pflichtenheft hinausgehend zu engagieren. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die beim Aufbau mithelfen wollen, dürfen Arbeit grundsätzlich nicht scheuen. Sie müssen bereit sein, die Extrameile zu gehen und viele Arbeiten auszuführen, die erledigt sein müssen, ohne dass es dafür eine Stelle gibt.

Mit der Zeit kommen die erwarteten Forderungen nach klaren Zuständigkeiten und Abgrenzungen aber trotzdem. Das Wachstum und damit die steigende Belastung bedingen, dass man nicht mehr für alle mitdenken und überall Hand anlegen kann, wo diese eigentlich benötigt wird. So gesehen, holt uns die Realität gerade ein, und trotzdem versuchen wir, uns den speziellen Aufbaugeist zu bewahren. Dies ist unter anderem dadurch möglich, dass wir von Anfang an die Lehrpersonen eng mit dem Personal aus Verwaltung und Betrieb vernetzten. Aus meiner Sicht ist es unabdingbar, dass der Techniker weiss, wie eine Lehrperson unterrichtet. Nur dann kann er deren Bedürfnisse auch verstehen und sinnvolle Vorschläge unterbreiten. Wir sind der Meinung, dass dieser offene Austausch massgeblich von einem guten Verhältnis zwischen Lehrpersonen und dem nicht unterrichtenden Personal abhängt. Dies ist ein wichtiger Faktor für eine fruchtbare und gute Zusammenarbeit. Solch ein gutes Verhältnis kann man zwar nicht einfordern, aber man kann Bedingungen schaffen, die das Entstehen dieses Verhältnisses zumindest begünstigen. Ein Beispiel ist der Entscheid, dass wir in der grossen Pause am Vormittag das Sekretariat schliessen und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Verwaltung und Betrieb gemeinsam mit den Lehrpersonen ihre Kaffeepause verbringen. Die Investition in den von der Schule offerierten Kaffee ist aus unserer Sicht lohnend, weil man dadurch den Austausch ermöglicht und sich im Idealfall Probleme verhindern lassen, die andernfalls extra in einer einberufenen Besprechung gelöst werden müssten.

In diesem Sinne fahren wir weiter und übertragen dieses kleine Stück KUE-Kultur auf alle neu zu uns stossenden Lehrpersonen.

Sumo an der KUE - Das Fach Robotik und die KUE-Robolympics

Raphael Barengo und Manuel Burkhalter

Im Juni 2019 fand das erste Jahr des Faches Technik im grossen Final der KUERobOlympics, der ersten Roboterolympiade der Kantonsschule Uetikon am See, seinen Höhepunkt. In einem wunderbar abwechslungsreichen und spannenden Anlass feuerten die Schüler*innen-Teams mit Verwandten, Bekannten und weiteren Besucher*innen ihre Lego-Roboter an und hofften, dass sich der selbst entwickelte Code im Ernstkampf bewähren würde. Die gegeneinander antretenden Roboter hatten die Aufgabe, den Gegner wie in einem Sumo-Ringkampf aus einer kreisrunden Fläche hinauszustossen.

Die Roboterolympiade bot jedoch nicht nur spannende Roboterkämpfe, sondern brachte Schüler*innen, Lehrpersonen, Besucher*innen, Hochschulen und Industrie näher zusammen. Während den Kampfpausen präsentierte die ETH ein faszinierendes Produkt der aktuellen Roboterforschung und die ZHAW zeigte, wie ein Chatroboter mit Hilfe künstlicher Intelligenz (KI) kommunikationsfähig wird. Eine 3D-Brille entführte Besucher in die virtuelle Realität und Conrad Electronics stellte einen kleinen Ausschnitt seiner MINT-Produktpalette vor.

Der Anlass vertrat die Philosophie des Faches Technik in perfekter Weise: Das Ziel soll sein, den Schüler*innen die Grundlagen der Roboterprogrammierung beizubringen und ihnen auch einen Überblick darüber zu bieten, wie Roboter und KI im Alltag, in Industrie und Forschung eingesetzt werden und wo Vor- und Nachteile dieses Einsatzes liegen (Stichwort Ethik). Mädchen können genauso wie Jungs für technische Anwendungen begeistert werden. So wird auch das Vorurteil abgebaut, dass technische Fächer eher Männerdomänen seien.

Dieses Ziel erfordert einen Unterricht, welcher das Vorwissen der Lernenden berücksichtigt, sie individuell herausfordert und abwechslungsreich ist, so dass weder Frust noch Programmierlangeweile aufkommen können. Die Schüler*innen arbeiten in Teams im eigenen Tempo mit einem digitalen Tutorium und testen ihre erlernten Fähigkeiten an sogenannten Mini-Challenges. Den Teams wird auch die Freiheit gegeben, eigenen Projektideen nachzugehen. Der Unterricht geht immer wieder auf Probleme und Chancen der zunehmenden «Robotisierung» und des Einsatzes künstlicher Intelligenz ein und die Lehrperson lässt die Schüler*innen darüber diskutieren. Zudem bringen Ausflüge an externe Bildungsinstitute wie die ETH Abwechslung in den «Robotik-Alltag». Schliesslich agiert die Roboterolympiade als finale Motivationsspritze, nicht nur wegen der attraktiven Preise. Die Teams müssen sich nicht nur mit programmiertechnischen, sondern auch mit mechanischen und taktischen Problemen auseinandersetzen.

Die KUERobOlympics stellen den Abschluss des ersten Jahres des Faches Technik, besonders aber auch den Geist der Kantonsschule Uetikon am See dar: Schüler*innen, Verwaltung, Hausmeister, Informatiker und Lehrpersonen arbeiten eng zusammen, um etwas Besonderes zu schaffen.

Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht, heisst es in einem Sprichwort. Diese Weisheit gilt selbstverständlich auch für die Kultur einer neuen Schule. Ein gemeinsames Verständnis von Unterricht, eine gemeinsame Sicherheit im Umgang mit Konflikten, eine grundsätzlich gemeinsame Wertehaltung entstehen nicht, indem man ein Leitbild vorgibt und einige Feste organsiert.

Eine Schulkultur entsteht durch verlässliche Verhaltensweisen, welche vorzeigen, auf welche Art man miteinander umgehen will.

Natürlich spielen aber besondere Veranstaltungen eine wichtige Rolle beim Aufbau einer Schule. Es seien drei davon ganz kurz beschrieben, die nicht schon in anderen Artikeln in dieser Nummer erwähnt werden.

Erster Schultag
Am ersten Schultag der KUE feierten wir gewissermassen dreimal. Zu Beginn wurden die Schülerinnen und Schüler begrüsst, anschliessend folgte die offizielle Einweihung durch die Behörden. Am Abend waren alle eingeladen zu einem schönen Sommerfest. Etwa 1500 Personen schauten sich das Schulhaus an und unterhielten sich über die neue Kantonsschule.

Ein interessantes Detail kam besonders gut an: Die Lehrer*innen servierten den Gästen Getränke und Snacks. Die Botschaft kam an. Die neue KUE ist da, um der Bevölkerung, im Besonderen natürlich den Jugendlichen, zur Verfügung zu stehen.

Kemmeribodenbad
Die erste Schulreise sollten alle «Pionier-Klassen» gemeinsam erleben. An einem schönen Herbsttag wanderte die ganze neue Schule von Kemmeribodenbad in Richtung Sörenberg. Es ging darum zu zeigen, wie wir uns gemeinsam auf den Weg machen wollen. Die neue Schule kann nur erfolgreich sein, wenn alle mitmachen und miteinander Ziele erreichen wollen.

Weihnachtssingen mit Isaias Moser und Sara Horvath
Als Abschluss vor den Weihnachtsferien könnte man in jeder Lektion noch Fachunterricht machen. Als säkulare Schule sind wir selbstverständlich nicht verpflichtet, uns am Kirchenkalender zu orientieren. Und dennoch war es uns ein Bedürfnis, den letzten Tag des ersten KUE-Jahres (2018) mit einer speziellen Veranstaltung zu begehen. Isaias Moser (Gesang) und Sara Horvath (Klavier) gestalteten den Abschluss mit gefühlvoller Musik. Die Zwischenkommentare des Philosophie-Studenten Isaias führten dann auch zu einer reflexiven Stimmung, bevor wir uns mit einem gemeinsam gesungenen Lied in fröhlicher Stimmung in die Weihnachtsferien verabschiedeten.

Wie eingangs erwähnt, entsteht aber eine Schulkultur nicht nur wegen solcher Anlässe. Viel prägender sind vielleicht die kleinen Handlungen, welche zeigen, auf welche Werte die KUE setzen will. Wenn beispielsweise Jugendliche unsorgfältig miteinander umgehen, wollen wir deutlich machen, dass uns dies nicht egal ist. Wenn beispielsweise jemand Ansätze zum Schuleschwänzen zeigt, wollen wir deutlich machen, dass es uns nicht nur um die Einhaltung der Reglemente geht, sondern um den jungen Menschen, der offenbar die Sinnhaftigkeit der Schule gerade zu wenig sieht. Wenn beispielsweise Jugendliche das Schulhaus nicht genügend sauber halten, wollen wir deutlich machen, dass für uns ein gepflegter Arbeitsort wichtig ist.

Die Arbeit mit Jugendlichen verlangt viel Geduld und Beharrlichkeit. Der Aufbau einer Schulkultur auch: Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

T..wie Team auf Teams
Jürg Berthold

Die Entscheidung für MS Office 365 und damit für Teams fiel ein paar Monate vor dem Schulstart nach längeren Diskussionen darüber, wie neue Medien und Unterricht im Rahmen des BYOD-Konzeptes am leichtesten einzuführen und zu verzahnen wären – auch auf dem Hintergrund der Datenschutzverordnungen, die den Schulen bestimmte Plattformen und Kommunikationskanäle untersagen. Seither hat sich Teams vor allem als Kommunikations-, Austausch- und Zusammenarbeitsplattform gut etabliert und ist weitgehend angenommen. Das heisst: Der Austausch zwischen allen, die der Schule angehören, läuft in einem gigantischen Chat-Netz ab, über das auch gemeinsam an Dateien gearbeitet werden kann. Möchte ich als Deutschlehrer Einblick in die entstehenden Powerpoint-Präsentationen einer Klasse haben, kann ich dies über die im Klassenteam abgelegten Dateien tun. Möchte ich mit einem einzelnen Schüler etwas klären, kann ich ihn anschreiben. Hat eine Schülerin eine Frage, die alle betrifft, so kann sie diese im Klassenchat stellen und sie wird für alle beantwortet. Ist ein Gegenstand irgendwo liegengeblieben, so kann der Hausmeister, Daniel Windler, ein Bild davon im entsprechenden Kanal des Grossen Teams posten, wo es alle KUEler*innen sofort sehen können. Geht es darum, eine Frage zu diskutieren, kann man dies – wo es nicht von Anfang an besser ist, das live zu tun – im Chat machen; dadurch entfallen, vor allem bei vielen Beteiligten, die oft mühsamen Effekte des Mailaustausches. Email beschränkt sich auf offizielle Mitteilungen, etwa von Anstellungs- oder Promotionsentscheiden, und dem Austausch mit Externen, Eltern etwa. Die unterschiedlichen Tools wie etwa der Planner dienen der Schulleitung, den Mitarbeitenden von Verwaltung und Betrieb oder einzelnen Arbeitsgruppen als Planungsinstrument.

Sicher, es gibt heikle Punkte, zu denen wir im Laufe der Aufbauarbeit eine Haltung finden mussten und immer noch müssen: Wie oft sollen die Teams konsultiert werden? Ist das für alle gleich, Schüler*innen, Teilzeitangestellte, Lehrer*innen oder jemanden aus Verwaltung und Betrieb? Wie schnell muss auf eine Nachricht geantwortet werden? Wie kann man sicherstellen, dass alle auf dem gleichen Informationsstand sind? Wie kann man vermeiden, dass man überflutet wird von Mitteilungen, die einen nichts angehen? Wie kann man unterschiedliche Dringlichkeiten kommunizieren? Was passiert, wenn einzelne Teammitglieder sich in Stil und Ton vergreifen? Dies sind zwar Fragen, die auch bei anderen Kommunikationskanälen zentral sind, in Teams verstärken sich aber die Effekte, sowohl die positiven wie auch die negativen. Umso wichtiger ist es, Regeln im Umgang damit zu definieren.

Die wohl wichtigste Entscheidung war es, mit Teams die Kommunikation an einem Ort zu konzentrieren und nicht mehrspurig zu fahren, wie das in manchen Schulen der Fall ist. So sind Anschlagbrett und die Fächlein im Lehrerzimmer weitgehend verwaist und auch WhatsApp spielt keine Rolle für die Zusammenarbeit. Für die KUE als neue Schule war es relativ leicht, von Anfang an eine einheitliche Kommunikationskultur aufzubauen. Der Test für die Wandlungsfähigkeit, wie sie im Leitbild der KUE als Ideal formuliert ist, wird kommen, wenn wir uns – wie von allem in der digitalen Welt – von Teams werden verabschieden müssen.

Eingekapselte Zeit – Ein interdisziplinäres Unterrichtsprojekt
Corina Rauer, Jürg Berthold

Woran sollen sich unsere Nachkommen erinnern? Was ist typisch für unsere Gegenwart? Nicht nur bei der Grundsteinlegung der KUE wurde eine Zeitkapsel gefüllt mit Gegenständen, auch die Schülerinnen und Schüler der Klasse 1b haben ihre eigene Zeit eingefangen. Jede Schülerin, jeder Schüler wählte einen Gegenstand für eine imaginäre Zeitkapsel. In Kürzesttexten – sogenannte Elfchen, die nach einem vorgegebenen Muster elf Wörter auf fünf Zeilen verteilen – werden die Gegenstände umschrieben. Diese Texte bildeten den Ausgangspunkt für die malerische und grafische Umsetzung. Mittels monochromer Farbgebung und der bewussten Wahl eines Farbkontrastes wird der Gegenstand in Szene gesetzt. Bild und Text vereinten die SchülerInnen im Layout. Entstanden sind handliche Booklets im A5-Format, die als Wegweiser in die Zukunft der Vergangenheit dienen.

Von wegen: «und ZACK, da war sie»
Miranda Spahn

Eher im Gegenteil, denn wie gründet man etwas, wenn noch nichts da ist? Tja, das hatte ich mir zuerst noch gar nicht überlegt gehabt, als ich mir vornahm, in der SO an der KUE aktiv zu sein. Ich war einfach nur motiviert und wollte diese Schule mitgestalten und damit beginnen, ihr ein Gesicht, einen Charakter zu geben. Es ist eine Schule, die noch im Wandel ist, weder steht sie an ihrem endgültigen Standort noch sind schon so viele Schülerinnen und Schüler an der KUE, wie es einmal sein werden. Mit jedem Jahr wird sie sich verändern, zu Beginn sogar noch mit jedem Jahr vergrössern, irgendwann werden es vielleicht nur noch Kleinigkeiten sein. Ich liebe es, Dinge zu organisieren und zu planen. An einer Kantonsschule, die es schon lange gibt, kann man nicht mehr viel gestalten, das fährt sich ein bisschen fest mit der Zeit. An einer neuen Schule, noch dazu, wenn man zur obersten Klassenstufe gehört, hat man da schon deutlich mehr Möglichkeiten. Klar, musste ich diese Chance für mich nutzen.

Als ich dann an der KUE war, stellte ich fest, dass wirklich noch keine Ideen zur Gründung der SO im Raum standen. Zuerst dachte ich, dass irgendwann vielleicht mal ein Aufruf kommen würde, dass alle, die sich für die Mitwirkung an der Gründung einer SO interessieren würden, sich doch mal treffen sollen. Aber da kam nichts. Nach den Herbstferien gab es dann eine motivierte Truppe, die von sich aus einen Weihnachtsball organisieren wollte. Ich schloss mich ihnen an und begriff gleichzeitig, dass ich selbst die Initiative ergreifen und zur Schulleitung gehen musste, denn wenn man sich ein wenig für etwas engagiert, kann man schon wirklich viel erreichen.

Mit meinem Vorschlag stiess ich auf Zustimmung und Bestätigung, was mich sehr erfreute, und ich stürzte mich in mein neues Projekt. In der nächsten Zeit begann ich, mit Unterstützung, ein erstes Treffen für Interessierte zu planen, Probleme oder Dinge, die man beachten muss, herauszufinden. Olivier Strauss nahm die Position als SO-Berater zum Glück an, als man sie ihm vorschlug. Mit seiner Hilfe wurde ein Treffen für alle Interessenten organisiert. Allerdings kamen weitaus weniger, als ich gedacht hatte. Wie sich dann später herausstellte, kam es zu einigen Missverständnissen. Die Motivation bei diesem ersten Treffen war trotzdem schon gross und wir begannen, uns über die rechtlichen Grundlagen, darüber, was die anderen für Ideen zu Events hatten und wieso wir alle an dieser Gründung mitwirken wollten, zu diskutieren.

Um für eine rechtliche Grundlage zu sorgen, begann ich damit, die Statuten zu schreiben. Ein hartes Stück Arbeit allerdings. Mit dem Hintergedanken, dass die KUE die neueste Kantonsschule ist, das Prinzip von BYOD durchführt, dass Fächer unterrichtet werden, die man an anderen Schulen so nicht findet – wie zum Beispiel das Fach Rhetorik – und es sogar neue Unterrichtsgefässe gibt, den POOL-Tag, war es mir schon wichtig, dass die Statuten nicht genau dieselben sind wie die von anderen Kantonsschulen. Ich las zig verschiedene Statuten durch und begann dann unsere eigenen zu schreiben, die nach vielen Verbesserungsvorschlägen irgendwann fertig waren. Vieles in den KUE-Statuten ist gleich oder sehr ähnlich wie in anderen Dokumenten, da gewisse Dinge einfach nicht diskutabel sind. Aber dafür gibt es andere Punkte, die sich geändert haben. Die Statuten darf man übrigens gerne auch nachlesen. Man findet sie auf der Website der KUE unter dem Reiter «Personen» bei der Schülerorganisation.

Aber nicht nur den rechtlichen Teil zu erarbeiten war eine Herausforderung. Auf Grund verschiedener Missverständnisse kam es dazu, dass sich an unserer Schule eine Gruppe von besorgten Schülerinnen und Schülern formte. Die Sorge ihrer Mitglieder war, dass alle, die sich momentan mit der Gründung der SO befassten oder, genauer gesagt, an dem Treffen für Interessierte waren, nun automatisch im Vorstand der Schülerorganisation seien. Was ihnen nicht richtig vorkam und dagegen wollten sie sich wehren. Das war zwar nicht der Fall, war aber nicht klar genug kommuniziert worden. Dieses Ereignis hat mich zum Teil sehr erfreut, denn es hat mir gezeigt, dass sich die Schülerschaft dafür interessiert, wie sich ihre Schule entwickelt, was es für verschiedene Vorgänge gibt. Ich denke, dass das recht wichtig war, da es auch klar gezeigt hat, dass die Schülerschaft sich wirklich selbst organisieren will und auch Einfluss darauf haben will, von wem die SO geleitet wird. Denn es ist schon sehr wichtig zu wissen und im besten Falle auch noch damit einverstanden zu sein, wer einen vertritt. Dass wir dann auf die «Vorwürfe» nicht direkt reagierten, machte die Situation nicht unbedingt besser. Ziemlich genau zu dem Zeitpunkt entstand noch ein weiteres «Organ» an unserer KUE, eine Schülerzeitung. Das brachte mit sich, dass sich das ganze noch mehr verdrehte und komplizierter wurde . Doch die Geschichte nahm ein gutes Ende, bei einem ruhigen Gespräch mit der Schulleitung und allen betroffenen Parteien konnten die Missverständnisse geklärt werden. Leider war das Ende der Missverständnisse auch ein zumindest temporäres Ende für die nie erschienene Schülerzeitung. Aber wer weiss, vielleicht wird irgendwann eine Gruppe motivierter Schüler*innen einen neuen Anlauf nehmen und die Schülerzeitung wird doch noch zum Bestandteil der Schule.

Dann wurde es wieder ruhiger um die Gründung der Schülerorganisation und wir konnten uns in aller Ruhe weiter besprechen, Ideen austauschen und darüber debattieren, was noch getan werden musste. Im Frühjahr haben wir dann eine Ostereiersuche organisiert und gleich enorm viel Verbesserungspotenzial für nächstes Jahr gefunden. Ich hoffe, so werden immer weitere Events, Ideen und Projekte entstehen. Es sollen auch Inputs von aussen kommen. Wenn Ideen im Umlauf sind, dann zählen wir darauf, dass diese uns mitgeteilt werden, damit wir etwas aus ihnen machen können. Aber wenn mal eine Gruppe motivierter Schülerinnen und Schüler zu uns kommt und selbst etwas organisieren will, finden wir das auch grossartig.

In der zweitletzten Woche vor den Sommerferien war es dann endlich so weit: Die Gründung der SO stand an. In den vergangenen zwei Wochen konnte man sich als Kandidat oder Kandidatin für eine Position im SOV bei Herrn Strauss bewerben.

Bei einer Vollversammlung mussten zuerst alle, die der SO beitreten wollten, schriftlich bestätigen, dass sie freiwillig der SO beitraten. Dann, in einem zweiten Schritt, war es an der neu gegründeten Schülerorganisation, einen Vorstand zu wählen. Also begaben wir uns alle in die Aula und Herr Strauss leitete die ersten SOV-Wahlen in der Geschichte der KUE. Da wir aber lediglich neun Bewerber*innen waren, wäre das theoretisch sehr schön aufgegangen. Aber zuerst wurde eine Abstimmung darüber gehaltet, ob wir Einzelwahlen oder einfach eine Gesamtwahl durchführen wollten; es waren Einwänden gegen das ursprünglich vorgeschlagene Vorgehen erhoben worden, alle neun BewerberInnen durch Akklamation auf einmal zu wählen. Die Mehrheit entschied sich für eine Gesamtwahl. So wurde der erste SOV der Kantonschule Uetikon am See gewählt, damit die Gründung der Schülerorganisation abgeschlossen und mein ganz persönliches Projekt beendet.

Y wie Young Entrepreneurs
Karin Hunkeler

BambooBox und kantiapp - rezyklierbares Geschirr aus nachhaltig angebautem Bambus und eine App, welche den Schulalltag von Kantischüler*innen erleichtern soll.          

Diese Geschäftsideen entstanden im Rahmen des Semesterprojekts KUE Start-ups im Schwerpunktfach Wirtschaft & Recht. Ausgehend von der Idee des POOL-Tages – dies ist der stundenplanfreie Dienstag, an welchem die Schüler*innen selbständig an stufengerechten Projekten arbeiten – hatte die Klasse zunächst den Auftrag, in Gruppen eine neue Geschäftsidee zu entwickeln. Danach tätigten sie Abklärungen in verschiedenen Bereichen wie Produktentwicklung, Marktanalysen, Marketing, Finanzen etc., um aus diesen Daten einen Businessplan für ein potentielles Start-up zu erstellen. Während des Entstehungsprozesses des Businessplans erhielten die Schüler*innen theoretische Inputs zu diversen Themen, welche sie sogleich anhand von ihren Projekten anwenden konnten.

Das Lernen anhand von konkreten und komplexen Projekten wird oft als nachhaltig und bereichernd erlebt, und die Schüler*innen sind sehr motiviert bei der Sache. Die Komplexität der Aufgaben ist häufig höher als im regulären Fachunterricht, müssen doch beispielsweise die Zahlen für finanzielle Berechnungen erst noch erhoben und manchmal auch sinnvoll geschätzt werden.

 

Neben den fachlichen werden auch überfachliche Kompetenzen gefördert. Wie organisieren wir als Team ein solches Semesterprojekt? Wer ist für welche Aufgaben verantwortlich, und wie fügen wir alles zu einem stimmigen Ganzen zusammen? Wie diskutieren wir Meinungsverschiedenheiten aus, wenn es mit der Zusammenarbeit mal nicht rund läuft? Wie überwinde ich mich, mit dem Ladeninhaber ein Interview zu führen und ihn zu überzeugen, unsere Produkte in sein Sortiment aufzunehmen? Und wie präsentieren wir unsere Geschäftsidee wirkungsvoll vor Publikum?

Nicht nur verschiedene Kompetenzen, auch die Räumlichkeiten haben einen Einfluss darauf, wie wir lernen. So hat dieses Projekt nicht in einem Schulzimmer stattgefunden, sondern wir haben es uns meist im Foyer – einem Raum mit Sofas, Arbeitstischen und einer Teeküche – gemütlich gemacht. Eine Gruppe hielt am Besprechungstisch ihre Teamsitzung ab, während einige Schüler mit ihren Laptops auf den Knien auf dem Sofa sassen und Marktdaten recherchierten. Derweil trafen sich zwei Schülerinnen mit unserem IT-Techniker, welcher ihnen mit der Erstellung des Prototyps ihrer App half, und wieder andere produzierten im Medienraum ihren Werbefilm.

Ein weiterer Aspekt des POOL-Tages ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die beiden Lehrerinnen des Fachs Bildnerisches Gestalten boten den Start-ups Hand und leiteten die Schüler*innen an, wie ansprechende Logos und kreative Slogans entwickelt werden können.

Auch dies entspricht dem Geist der KUE: das sich ergänzende Miteinander der einzelnen Fächer und Fachschaften sowie das Entwickeln von Gefässen, in welchen dies möglich ist

BambooBox und kantiapp – «Gemeinsam gegen Plastik» und «Den Schüler*innen täglich einen entspannten und reibungslosen Schulalltag zu ermöglichen». So lauteten die Visionen der beiden Start-ups. Mögen POOL-Projekte wie dieses den Schüler*innen Mut und Selbstvertrauen mit auf den Weg geben, ihre zukünftigen Visionen zu verwirklichen.

Schulräume schaffen
Jürg Berthold

Schulräume und die Art, wie sie eingerichtet sind, bestimmen mit, was in ihnen passiert, was möglich ist und was verunmöglicht wird. Das bezieht sich nicht nur auf die technische Infrastruktur, sondern auch darauf, ob und welche Tische und Sitzgelegenheiten es hat. Dass es eine Rolle spielt, wie die Tische angeordnet sind, ist eine Selbstverständlichkeit; dass es an einer Mittelschule Laborräume für die Naturwissenschaften und atelierartige Räume für den BG-Unterricht gibt, ebenso. All diese Aspekte ergeben sich aus den Notwendigkeiten des jeweiligen Unterrichts und den gewählten Arbeits- und Kommunikationsformen. Denkt man diesen Gedanken weiter, so könnte es gleichermassen alles andere als irrelevant sein, ob ein Raum wie ein Schulzimmer, ein Vorlesungssaal, ein Grossraumbüro, ein Co-Working-Space, eine Probebühne, ein Lounge-Zimmer in einem Kaffee oder eine Bibliothek aussieht. Treibende Kraft ist dabei der Zusammenhang von Digitalisierung und projektartigem individualisiertem Arbeiten. Wo die Aufgabenstellungen vielfältiger und offener sind, wo die Mittel zu ihrer Bearbeitung ortsunabhängiger werden, ist es wichtig, dass es an einer Schule Räume gibt, die zu dieser Art von Schule passen.

Die KUE will deshalb die Gunst der ersten zwei, drei Jahre nutzen, um in diesem Bereich etwas zu experimentieren und als Schule zu einer Haltung zu kommen. Da das Schulhaus aus logistischen Gründen nicht von Anfang an vollständig mit dem üblichen Normmobiliar, das ein traditionelles Klassenzimmer bestimmt, ausgerüstet wurde, ergab sich ein Spielraum im zweiten Stockwerk von Haus B. Dort wurden die weitgehend leeren Zimmer mit einfachen Mitteln anders ausgerüstet und es entstanden Räume für andere Interaktions- und Arbeitsformen: ein Theatersaal, ein Gruppenarbeitszimmer, eine Lounge, um nur einige zu nennen. Letztere besteht aus Modulen aus Europaletten. Sie sind auf Rollen und lassen sich zu einer Diskutierlounge zusammenschieben. Zusammengebaut wurden die Elemente von den vier dritten Klassen des zweiten Jahrgangs, die auf diese Weise auch einen Beitrag zum Aufbau des Schulhauses leisteten (wie die zwei dritten Klassen des ersten Jahrganges, die die Hochbeete auf dem Schulhausplatz gebaut hatten).

Sicher, das ist alles bescheiden, weist aber in eine Richtung, die relevant wird, sobald wir bei der Planung des definitiven Standortes mitreden können: Dann müssen wir als Schule wissen, was für uns Schule bedeutet und welche Konsequenzen das für die Gestaltung des Raumprogrammes haben muss. Schule ist, unabhängig von den vermittelten Inhalten, in vielen Bereichen erstaunlich konservativ, so etwa beim Fächerkanon, bei der Organisation des Zeitregimes über den Stundenplan oder eben bei der Organisation des Raumes. Deshalb muss jedes Nachdenken darüber, wie die Schule des 21. Jahrhunderts aussehen muss, auch die Frage berühren, wie deren räumliche Organisation beschaffen sein soll.