Ein Festessen zum Gruseln

Plötzlich lag sie da auf meinem Tisch: die Einladung zum Gruseldiner.

Persönlich an mich gerichtet, am Abend meines freien Tages und mit der Aufforderung, verkleidet zu erscheinen. Obwohl das ganze Team Ende November im dichten Alltag des Schullebens nach Luft japst, sprach sich schnell herum, dass, wer geladen, auch kommen wollte. Zu gross war die Neugierde. Hintergrund dieses Diners: das Wahlfach BG – Chemie zur «molekularen Küche».

Und so verwandelten sich gegen sechs des besagten Tages Lehrpersonen und Schulpersonal in Vampire, Hexen und Halbtote. Etwas spät dran huschten die Gestalten gemeinsam oder – noch unheimlicher - alleine ins Haus C, wo die Eintretenden von den Schülerinnen und Schüler beäugt und nicht immer sofort erkannt wurden. Bei einem Drink wurde es trotz des Grusels sofort gemütlich und die Gesellschaft liess sich schon bald an den reichlich dekorierten Tisch führen. Am grossen Spinnennetz über dem Tisch hingen selbstgemachte kleine Gespenster und unzählige Spinnen schienen überall in Bewegung zu sein.

Das Menü war bestechend: In der (flüssigen, was sonst?) Kürbissuppe steckte ein Monolith: fest, in der Farbe der Suppe, auch im Geschmack gleich. Ich wunderte mich bereits ein erstes Mal und griff mutig zu. Auch in den Gurken, die mit Peterli und Feta gefüllt waren, versteckte sich etwas ungewohnt Festes: Tomatenpassatakügeli! Das Staunen ging weiter, denn die Kochenden wussten mit Molekularküche und Kreativität zu jonglieren: Es wurden Ananas flambiert, Bananenwürmer serviert und der dampfende Stickstoff auf dem Tisch härteten die Meringues. Die hässlichen Gäste griffen beim schmackhaften Diner beherzt zu und nach sechs Gängen war so mancher Bauch voller als es die Verkleidung zuliess. Vergnügt wischte man sich den Mund mit den selbst gestalteten Servietten und ärgerte sich über den Kleks auf den individuellen Tischsets (die sich glücklicherweise als Kopien herausstellten). 

Damit sich alle noch lange an diesen ausserordentlich gelungenen Abend erinnern würden, verkauften die Schülerinnen und Schüler ihre eigens für dieses Festessen kreierten Vasen und Schalen, die den Tisch geziert hatten. Dazu packte jeder Gast sein von Hand gemaltes Gruseltischset ein. Auch meine Serviette, liebevoll bemalt mit selbst hergestellten Naturfarben, fand sich in meiner Tasche wieder.

Mit allmählich verschmierten Gesichtern, aber verzückten Mienen verliessen die Gäste um neun das Haus C. Es war ein wunderbarer Abend, der uns Eingeladenen als ein Highlight dieses Schuljahres in Erinnerung bleiben wird!

Annamarie Cantieni