Immer wieder hört man von Schulen, die keine Klassenzimmer haben. Bei der Planung der Schulräume der neuen Gebäuden der KUE liessen wir uns auch von solchen Projekten inspirieren, unter anderem vom Ørestad Gymnasium in Kopenhagen. Wir sind aber nicht ganz so weit gegangen. Wir, das waren die involvierten Lehrpersonen, die damalige Schulleitung und das Projektteam von Bildungs- und Baudirektion. Zusammen bereiteten wir 2021 die Ausschreibung für den Architektenwettbewerb vor. Die Überlegung war einfach: Für unterschiedliche Unterrichtsformen braucht es unterschiedliche Räume. Standardisierte Zimmer sind geeignet für die Organisation einer Schulwelt, die auf der Basis von Klassen funktioniert. Unterricht vom Klassenverband her zu denken hat unbestrittenermassen Vorteile. Aber auch Nachteile, weshalb der Klassenverband im letzten Jahr der KUE zum Teil aufgelöst wird. Hier soll es aber um etwas Anderes gehen, nämlich um die Bedürfnisse, die aus dem Unterricht heraus entstehen und von Standardräumen eingeschränkt werden.
Verändert sich die Rolle der Lehrperson im Lehr- und Lernprozess, verändern sich die Interaktionsformen. An die Stelle der Auseinandersetzung im Klassenverband mit Phasen der Instruktion treten Lernsetting in kleinen Teams. Diese werden von einer Lehrperson angeleitet, begleitet, gecoacht. Dafür sind Klassenräume wenig geeignet: Zu viel Raum wird zu oft zu wenig effizient genutzt. Deshalb braucht es kleine Besprechungszimmer, Gruppenarbeitsräume und Rückzugsorte für stille Gespräche. Andererseits braucht es offene weite Räume, um gemeinsam an den Projekten zu arbeiten. Und es braucht Orte der Konzentration, wo man sich fokussieren und zusammen alleine lernen kann, wie es im letzten Wochenbrief von Eugenie Bopp hiess.
Am Standort am See wäre das unter anderem im zentralen Gebäude A vorgesehen. Dort wäre einerseits die Mediothek untergebracht, mit fast 100 Arbeitsplätzen. Dort wäre auch die Aula untergebracht, ein offener Raum, der ganz unterschiedlich bespielt werden kann. Er ist so konzipiert, dass er viel mehr als ein repräsentativer Konzert- und Vortragsraum wäre. Er soll variabel in Lernzonen unterteilt oder für Ausstellungen genutzt werde können. Das geht auch aus den Plänen der Projektdokumentation hervor, wie die Abbildung zeigt.
Der grosse Raum wäre aber noch viel mehr. Eine Aula ist das Herz einer Schule, das emotionale Zentrum. Nicht nur weil dort zentrale Momente der Schullaufbahn begangen werden, vom ersten Schultag bis zur Übergabe des Maturzeugnisses. Sondern weil es ein Versammlungsraum ist. Eine Schule braucht einen Ort, wo man mit einem Jahrgang, mit der Elternschaft, zur Schulgemeinschaft sprechen kann. Einen Ort der Auseinandersetzung und der Begegnung. Einen Ort, wo informiert, diskutiert und gefeiert werden kann. Wie oft eine Aula diese Funktionen erfüllt, merken wir fast wöchentlich in unserem Provisorium, wo es aus guten Gründen einen solchen Raum nicht gibt.
Dass der Regierungsrat dem Kantonsrat die Kürzung nicht nur der Berufsschule, sondern auch des ganzen Gebäudes A vorgeschlagen hat, ist deshalb mehr als bedauerlich. Damit verpasst man die Chance eines starken Bekenntnisses zum Dualen Bildungssystem und zur synergetischen Nutzung gemeinsamer Räume wie der Sporthallen oder eben von Mediothek und Aula.
Jürg Berthold
WB_27_2025